Die Methode der Pandektenwissenschaft ist nach herkömmlicher Auffassung durch eine streng formale Arbeitsweise gekennzeichnet, die als Begriffsjurisprudenz bekannt ist. Juristische Entscheidungen sollen allein durch logische Denkoperationen aus einem pyramidenartig aufgebauten Begriffsystem abzuleiten sein. Raum für Billigkeitserwägungen, für die Frage nach der materiell gerechten Lösung, für die Einbeziehung der Interessenlage der Parteien oder etwa von Zweckerwägungen war dementsprechend ebenso wenig vorhanden wie für richterliches Ermessen. Als Hauptverantwortlicher dieser Entwicklung galt lange Zeit der Rechtslehrer Georg Friedrich Puchta (1798-1846). Diese These wird im vorliegenden Band kritisch hinterfragt und im Ergebnis für falsch befunden. Weder die zentralen Textstellen, die stellvertretend für Puchtas formales Rechtsdenken stehen, noch die Argumentation zu einzelnen Rechtsinstituten und -problemen bestätigen das traditionelle Bild Puchtas und anderer Vertreter des so genannten rechtswissenschaftlichen Formalismus.
Thomas Henkel Knihy
