Die Spruchaktentätigkeit der Juristischen Fakultät Rostock
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Zusammenfassung und Thesen 1. Die Spruchtätigkeit der deutschen Juristenfakultäten entwickelte sich zum einen aus dem ius respondendi römischer Juristen der Kaiserzeit und zum anderen aus dem mittelalterlichen deutschen Prozessrecht mit der Einrichtung der Oberhöfe und Schöffenstühle. 2. Der Versuch, die Aktenversendung mit einem Terminus technicus der Rechtswissenschaft zu erfassen, ist generell abzulehnen. Die Aktenversendung ist ein Prozessinstitut eigener, bereits der Geschichte angehörender Art, welches nur aus sich heraus erklärt werden kann. 3. Das ursprünglich gewohnheitsrechtlich anerkannte Verfahren der Aktenversendung hatte sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch Gesetzgebung und Statuten der Fakultäten zu einem einheitlichen Institut entwickelt. 4. Die Universität Rostock hat sich im Laufe des 17. Jahrhunderts von einer internationalen Hochschule zu einer Landesuniversität entwickelt. Stammte im 16. Jahrhundert die Mehrzahl der Rostocker Professoren und Studenten aus dem gesamten hansischnordeuropäischen Raum, kamen sie bereits Ende des 17. Jahrhunderts meist aus Rostock und der näheren mecklenburgischen Umgebung. 5. Die extrem orthodoxe Haltung der Theologischen Fakultät der Universität Rostock und der zweifelhafte Ruf der Universität streitbar und intolerant zu sein, war einer der Gründe, dass die Studentenzahlen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dramatisch zurückgingen. 6. Aufgrund eines Streites zwischen der Universität und der Stadt Rostock, dessen Anlass die Verletzung der selbständigen Gerichtsbarkeit der Universität durch die Stadt war, fehlt das Wintersemester 1675/76 vollständig in der Matrikel der Universität Rostock. 7. Die Untersuchung des Aktenbestandes erhärtet den Verdacht, dass die Spruchkollegien die Parteigutachten vielfach einseitig zugunsten des Auftraggebers und nicht streng nach Gesetz und Recht abgefasst haben. 8. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts forderten immer mehr Konsulenten neben dem eigentlichen Spruch auch die Gründe für die Entscheidung der Fakultät an. 9. Die Spruchpraxis war ein Vorrecht aller Professoren und wurde aufgrund des lukrativen Nebenverdienstes von fast allen Fakultätsmitgliedern genutzt. 10. Die sechziger und siebziger Jahre des 17. Jahrhunderts bilden einen letzten Höhepunkt der Hexenverfolgung in Mecklenburg. 11. Von den ausgewerteten Sprüchen bilden die Rechtsbelehrungen die mit Abstand häufigste Erledigungsart. 12. Während im bearbeiteten Zeitraum kein Trend hinsichtlich des gesamten Spruchvolumens erkennbar ist, nimmt der Anteil an Sprüchen mit Begründung im Zeitablauf zu. 13. Es zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der territorialen Zugehörigkeit der Auftraggeber und der geografischen Lage der Stadt Rostock. Rostock war Zentrum des Ostseeraumes und aus allen Gebieten Norddeutschlands verkehrsgünstig auf dem See- oder Landweg zu erreichen, so dass die Mehrzahl der Auftraggeber dem norddeutschen Raum zuzurechnen ist. 14. Die Sprüche wurden in der Regel von der Juristischen Fakultät allein verfasst, doch bei theologischen oder medizinischen Sonderproblemen erfolgte eine Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fakultäten. 15. Im Bearbeitungszeitraum dominieren zivilrechtliche und strafrechtliche Konsultationen. 16. Von allen im untersuchten Zeitraum beteiligten Fakultätsmitgliedern trat Professor Hermann Lembke bei der Spruchaktenarbeit am deutlichsten hervor.