Zwischen Steinbruch und Studio
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Zwischen 1683 und 1754 betrieben Orazio Marinali und sein Nachfolger Giacomo Cassetti eine angesehene Bildhauerwerkstatt in Vicenza nahe der alten Kunstmetropole Venedig. Dabei agierten sie stets im Spannungsfeld zwischen den Wünschen adeliger und bürgerlicher Auftraggeber und den strengen Bestimmungen der lokalen Zünfte um 1700. Sie durften dabei einen im venezianischen Raum charakteristischen Aktionsrahmen nicht überschreiten. Das wirkte prägend auf die soziale Struktur der Werkstatt und auf den künstlerischen Werkprozess. Tatsächlich zeigt der Vergleich von Entwurf und Ausführung deutliche Unterschiede zu Arbeiten der „befreiten“ Hofbildhauer nördlich der Alpen oder der römischen Bildhauer der Päpste. Für ihre Betrachtung konnte die Kunsthistorikerin Silvia Carmellini auf einen besonderen Fund zurückgreifen. In Bassano del Grappa entdeckte sie ein Klebealbum mit seltenen zeichnerischen Bildhauerentwürfen Marinalis. Die zahlreichen Skulpturenensembles des Bildhauerbetriebes konnte die Autorin hingegen als Werkstattarbeiten vieler beteiligter Mitarbeiter und auch gemeinsam miteinander operierender Werkstätten einordnen. Sie richten sich ganz nach den Bedingungen des Auftrages und ihres Aufstellungsortes. Schon in der Ausbildung der Lehrlinge zeigen sich zudem mangelnde theoretische Kenntnisse der Bildhauer. Die bisher als eigentümlich „dekorative Plastik“ verortete Bildhauerkunst der Venezianer erscheint vor diesen Hintergründen als Ergebnis einer grundlegenden Werkstattpraxis. Die Skulpturenensembles passten sich dabei vollständig in das Gesamtkonzept der Dekoration für das Gebäude, den Garten oder Kirchenraum ein. Ein umfassender Anhang mit ausführlichen Archivdokumentationen und ein Katalog, der die Entwürfe der Werkstatt erstmals kritisch präsentiert, runden das Bild von der Bildhauerwerkstatt ab.