Modellbasierte Untersuchung der Regulation des Stress-Sigmafaktors σS in Escherichia coli
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In der vorliegenden Arbeit wird ein erstes quantitatives, dynamisches Modell für die Induktion des rpoS-Systems in Escherichia coli entwickelt und untersucht. Das rpoS-System ist verantwortlich für die Regulation des Stress-Sigmafaktors sS, der als zentraler Regulator der allgemeinen Stressantwort an vielen Stressreaktionen beteiligt ist. Das entwickelte Modell der rpoS-Regulation kann somit als Ausgangspunkt zur Modellierung und Untersuchung verschiedener, auch spezifischer Stressantworten dienen. Dabei beinhaltet es die wichtigen, das Verhalten des rpoS-Systems bestimmenden Rückführungen, die zum Beispiel durch Expression sS-abhängiger Gene entstehen. Zur Formulierung des Modells wurde ein hierarchischer Modellierungsansatz angewandt, der im Rahmen der Arbeit auf die Sigmafaktoren-Polymerase-Wechselwirkungen, in die auch der proteolytische Abbau von sS eingreift, übertragen wurde. Dies ermöglicht eine Modularisierung mit erleichterter Manipulation und Analyse der hochintegrierten Regulation. Bei der Modellentwicklung wird ein hypothesen- und datengetriebener Ansatz verfolgt. Dazu wird teilweise auf in vitro-Daten zurückgegriffen. Zum anderen werden in vivo-Daten verwendet, die an einer speziellen IPTG-induzierbaren Mutante in der Arbeitsgruppe Mikrobiologie der Freien Universität Berlin (Prof. Dr. R. Hengge) gewonnen wurden. Die in vivo-Daten zeigen eine neuartige Translationsregulation des rpoS-Systems auf, für die im Rahmen der Modellierung eine Hypothese zur Regulation durch einen noch zu identifizierenden intermediären Regulator erarbeitet wird. Zur Untermauerung oder Falsifikation dieser Hypothese können weitere experimentelle Untersuchungen dienen. Mit dem Modell der rpoS-Regulation wird schließlich das stationäre und dynamische Verhalten der Induktion des rpoS-Systems untersucht. Die zentralen Bestandteile der Regulation, die durch Rückführungen das Systemverhalten bestimmen, bestehen in der Konkurrenz der Sigmafaktoren um RNA-Polymerase, der neuen Translationsregulation sowie der regulierten Proteolyse und der Expression der Zielgene des Sigmafaktors. Diese Systembestandteile werden mit dem Modell näher beleuchtet. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Bedeutung der homöostatischen Regulation des sS-abhängigen Regulators RssB gelegt, der als limitierender Faktor in der Proteolyse wichtige Funktionen zur Beschleunigung der sS-Dynamik beim Herauswachsen aus einer stationären Phase nach Stress oder Nährstoffmangel übernimmt. Daneben ist die Erweiterung des Betriebsbereiches der sS-Proteolyse eine wichtige Funktion der homöostatischen Regulation. Die weitere Analyse der dynamischen Kenngrößen zeigt darüber hinaus auf, dass die rpoS-Induktion insbesondere auf eine schnelle, zuverlässige Reaktion auf bedrohliche Stresssituationen ausgerichtet zu sein scheint.