Der strafrechtliche Schutz vor der Ausbeutung der Arbeitskraft unter besonderer Berücksichtigung des § 233 StGB
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Denkt man an den Schutz der Arbeitskraft im weiteren Sinne, so liegt die Assoziation mit den Sicherungssystemen des Sozialstaates nahe. Neben dem Arbeitslosengeld I besteht mit dem Arbeitslosengeld II eine weitere Grundsicherung für Arbeitssuchende. Ferner bestehen klassische Risikoversicherungen, die etwa die Berufsunfähigkeit aufgrund eines Unfallereignisses absichern. Ausgangspunkt dieser Sicherungssysteme ist somit immer der Wegfall der Arbeitskraft als Einnahmequelle aufgrund eines Ereignisses, sei dies durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder einen Unfall. Wesentlich spärlicher und versteckter, zum Großteil nur in Nebengesetzen geregelt, sind hingegen diejenigen Normen, welche die uneingeschränkte Ausübung und den Einsatz der Arbeitskraft unter – jedenfalls nach unserem Verständnis – angemessenen Bedingungen ermöglichen sollen. Häufig anzutreffen ist die Ausbeutung in Abhängigkeitsverhältnissen, die zunächst schon deshalb den „Mantel der Legalität“ um sich hüllt, weil die jeweilige Person (scheinbar) aus eigenem Antrieb das Abhängigkeitsverhältnis eingegangen ist. Deshalb ist es in vielen Bereichen treffender, von einem indirekten Zwang und der Ausnutzung wirtschaftlicher Not als Grundlage der Ausbeutung auszugehen. Die organisierte, grenzüberschreitende Kriminalität im Bereich des Menschenhandels geht noch wesentlich weiter. Menschenrechte und sogar die persönliche Würde werden vollständig negiert, die einzelne Person wird zur Sache. Diese Vorgehensweise erinnert an die römische Denkweise und deren Unterscheidung zwischen Freien und Sklaven. Der wesentliche Unterschied des modernen Menschenhandels zur antiken Sklavenhaltung liegt jedoch in den heutigen Möglichkeiten der modernen Technik wie Internet, Mobilfunk und einer schier unbegrenzten Mobilität. Innerhalb Europas sind die Grenzen weitgehend verschwunden, allenfalls so genannte „Grüne Grenzen“ bestehen noch. Diese stellen für logistisch ausgefeilte Systeme der organisierten Kriminalität kaum Hindernisse dar. Besonders schwer und eine Herausforderung ist es daher sowohl für den Gesetzgeber als auch die rechtliche Praxis, alle Täter innerhalb der Organisationsstruktur durch die einzelnen Tatbestände und die Beteiligungsformen der einschlägigen Strafrechtsnormen zu erfassen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den strafrechtlichen Schutz der Arbeitskraft – insbesondere durch den neuen § 233 StGB – anhand der internationalen und europäischen Vorgaben zu beurteilen und Alternativvorschläge zu entwickeln.