Die deliktsrechtliche Verantwortung Minderjähriger im Vergleich zwischen deutschem, französischem und englischem Recht
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Minderjährige sind auf Grund ihrer entwicklungsimmanenten Defizite nicht durchweg in der Lage, die Konsequenzen ihres Handelns zu übersehen und von einem als gefährlich erkannten Handeln Abstand zu nehmen. Der Gesetzgeber berücksichtigt diesen Umstand im Deliktsrecht, indem er in § 828 BGB bestimmte Reifegrade in Altersgrenzen gruppiert und den Minderjährigen im Bereich des Straßenverkehrs privilegiert. Diese im Jahre 2002 allein im Bereich des Straßenverkehrs erfolgte Besserstellung des Minderjährigen schärft allerdings den Blick dafür, dass die gesetzlichen Regeln möglicherweise nicht mit den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie im Einklang stehen und unter Umständen für eine Privilegierung des Minderjährigen auch außerhalb des Straßenverkehrs zu plädieren ist. In der Studie wird vor diesem Hintergrund der Umfang des bestehenden Schutzbedürfnisses des Minderjährigen vor einer deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit untersucht und geprüft, inwiefern die deutsche Rechtordnung den Minderjährigen diesem Schutzbedürfnis entsprechend vor einer Haftung angemessen schützt. Im Rahmen dieser Untersuchung zieht die Autorin einerseits die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie zur Rate und arbeitet anhand einer sorgfältigen Analyse der Rechtsprechungspraxis die Gemeinsamkeiten der Überforderungssituationen von Kindern im und außerhalb des Straßenverkehrs heraus. Andererseits bedient sie sich des methodischen Prinzips der funktionalen Rechtsvergleichung und untersucht, ob ausländische Rechtsordnungen vorzugswürdigere Lösungen der Problematik bieten. Hierbei konzentriert sie sich auf das französische und englische Deliktsrecht, weil diese Rechtsordnungen auf Grund ihrer Leitbildfunktion die Gewähr für einen repräsentativen und auf Vollständigkeit bedachten Vergleich bieten. Nach Abwägung verschiedener Lösungsmodelle, die bereits das geltende Gesetzesrecht offenhält, sieht die Autorin keine Möglichkeit, dem rechtspolitischen Bedürfnis nach einer weitergehenden Entlastung Minderjähriger im Bereich der Deliktshaftung bereits de lege lata zu entsprechen und appelliert im Ergebnis an den Gesetzgeber, die Haftung des Minderjährigen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu begrenzen, um sowohl den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie hinreichend Rechnung zu tragen als auch den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Norm des § 828 BGB zu begegnen.