Gezeitenflüge
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Buch Keine Familiensaga. Kein Protokoll der Nachkriegszeit. Es ist die Lebensgeschichte von Maria, der Autorin. Sie beginnt, wie bei allen Menschen, eine Generation früher: Bei ihrer Mutter Friedel, im Berlin 1922, in einem der ärmsten Stadtviertel. In eingeschobenen Rückblicken betrachtet Maria ihre Erlebnisse als Kind, als Jugendliche und als erwachsene Frau. Sie erlaubt sich Fragen und Kritik zum Handeln der sie umgebenden Perso-nen, zu den damaligen gesellschaftlichen Normen. Der Text zwingt keine Gefühle auf. Der Leser mitten im Geschehen, sieht sich veranlasst selbst zu reflektieren und wird weiter getragen durch diese unerhörte Geschichte. Maria erlebt ein Berlin der Ärmsten, ein Zille-Berlin in aller Bit-terkeit, - als Älteste von insgesamt sieben Kindern verantwortlich für ihre Geschwister. Die Rolle der Ersatz-Mama hat sie verinner-licht seit sie fünf Jahre alt ist - nichtsdestotrotz macht sie mit sieben Jahren noch ins Bett. Das Leben der Maria ist geprägt von einer Mutter, die mit dreißig Jahren nicht mal den Kurfürsten-damm kennt und von einem Stiefvater, der die Kinder aus erster Ehe - Marias Vater ist im Krieg ums Leben gekommen - verachtet und diese Verachtung im täglichen Leben durch Worte wie Taten spüren lässt. Die Wochenenden, die Maria häufig bei ihrer Freundin Regine verbringen darf, sind der einzige Lichtblick in ihrem Kindsein. Dass die Eltern ihrer Freundin wohlhabend sind, fällt Maria auf, ohne Neid hervorzurufen. Erstaunlicherweise schafft sie es, die Stunden im Hause der Reichen zu genießen - und zeichnet mit dem Blick des Kindes gleichzeitig ein scharfes Bild der Gesellschaft, die in der direkten Nachkriegszeit kein soziales Netz spannte wie wir es heute kennen. Mit dreizehn Jahren erlebt Maria einen Höhepunkt der Demütigung.