Erziehung und Bildung unter erschwerten Bedingungen
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Der Gesetzgeber geht von einer Erziehungsbedürftigkeit und Erziehbarkeit junger Straftäter aus. Dem folgend erhält der Jugendstrafvollzug einen grundlegenden Erziehungsauftrag. Einen wesentlichen Kernbereich stellt dabei die schulische Bildung dar. Das Thema Schule und Unterricht im Jugendstrafvollzug nimmt in der fachwissenschaftlichen Diskussion bisher jedoch eine randständige Position ein. Es fehlt bislang an geeigneten Unterrichtskonzepten, die den besonderen Bedingungen im Jugendstrafvollzug gerecht werden. Neben institutionellen Rahmenbedingungen spielen hierbei die spezifischen Voraussetzungen der Klientel eine Rolle. So weist die Mehrheit der inhaftierten Jugendstraftäter erhebliche Bildungsdefizite und gescheiterte Schulkarrieren auf. Hinzu kommen ein problematischer soziokultureller Hintergrund, gravierende psychosoziale Störungen und antisoziale Persönlichkeitsstrukturen. Erziehung und Bildung vollzieht sich somit unter erschwerten Bedingungen. Die Autorin Ann-Kathrin Böttcher greift diese Problematik auf und geht in ihrer Arbeit der Frage nach, ob sonderpädagogische Perspektiven auf den Unterricht im Jugendstrafvollzug notwendig sind und inwieweit hiermit zugleich ein Beitrag geleistet werden kann, den Mangel an Unterrichtskonzepten für den Gefängnisunterricht zu beheben. Die Autorin beginnt mit einer ausführlichen Diskussion zum Begriff und Konzept der Jugenddelinquenz, in der auch das Verhältnis zum Begriff der Verhaltensstörungen dargelegt wird. Daran anschließend folgt eine systematische Analyse der Grundlagen des deutschen Jugendstrafvollzugssystems (Rechtsgrundlagen, Organisationsformen, Ziele und Aufgaben). Unter Herausstellung des Erziehungsgedankens im Jugendstrafrecht stellt sie dabei den Kernbereich von Schule und Unterricht in seinen zentralen Dimensionen dar. Auf der Basis der erschwerenden Bedingungen von Erziehung und Bildung im Jugendstrafvollzug wird herausgestellt, dass die Berücksichtigung sonderpädagogischer Perspektiven notwendig erscheint. Nach Auffassung der Autorin bietet die Sonderpädagogik Anknüpfungspunkte, mit denen sich die Grenzen der bisherigen Beiträge zu einer Vollzugsdidaktik überwinden lassen können. Anhand des Konzepts der Themenzentrierten Interaktion (TZI) zeigt sie eine Möglichkeit der sonderpädagogischen Orientierung des Unterrichts im Jugendstrafvollzug auf. Die Potenziale von TZI als didaktisches Modell für eine positive Entwicklungsintervention im Jugendstrafvollzug werden dabei von ihr überzeugend herausgearbeitet.