Knochen- und Zahnfunde im Indusgebiet
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Die neolithisch-chalkolithische und bronzezeitliche Industalkultur gehört zu den frühesten städtischen Hochkulturen. Ihre flächenmäßige Ausdehnung übertraf die des alten Ägypten und Mesopotamiens zusammen. Die größten Städte hatten Abstände von bis zu 200 km voneinander, während es in Mesopotamien oft nur 20 km waren. Die frühen Phasen werden meist mit den sumerischen und akkadischen Kulturen verglichen, so dass die Erforschung fachlich nicht der Indologie, sondern der Vorderasiatischen Archäologie zugeordnet wird. Wurden Schrift und Materielle Kultur bisher vorrangig bewertet, so erlaubt eine humanbiologisch-anthropologische Betrachtung neue Erkenntnisse. Eine Vielfalt ausgegrabener Knochen und Zähne sind ein weiteres, weniger bekanntes Markenzeichen der dritten Hochkultur der „Alten Zeit“, am Indus. Die Untersuchungen erlauben Einblicke in Konstanz und Brüche zivilisatorischer Entwicklung. Die Osteologie als Untersuchung von Knochen und Zähnen erlaubt Lebensweise, Essgewohnheiten, Nahrungszubereitung, Hygiene, Identität und Lebensstandard darzustellen. Die Verwendung genetisch-molekularbiologischer Hilfsmittel steht erst am Anfang. Für die Epidemiologie interessante Störungsbilder werden geschildert. Beispielhafte Krankheitsbilder und erkennbare Kausalitäten lassen Geschehens-Abläufe und soziobiologische Zusammenhänge erklären. Linguistische Beobachtungen können Populationssprünge nicht erklären. Erklärungen tradierter Ereignisse (Ariersturm, Rigveda) mit Hilfe von Anthropometrie und Genpools zu erfassen, ist dagegen oft zielführender. Die Entwicklung des homo sapiens in Südasien weist in Übergängen negative Stress- Adaptionen auf, Einbußen in der Ernährung und reduzierte Robustheit folgen der Kohlenhydrat Abhängigkeit des Bauern gegenüber dem Jäger /Sammler. Mobilität und geringere Keimgefährdung begründen bis heute einen hohen „Tribal-Anteil“. Beginn und Untergang der Hochkultur werfen Fragen auf, Vorgängerkulturen sind abzugrenzen, aber auch Faktoren des Niedergangs wie tektonische Ereignisse, fehlender Regen und Monsun oder die Versalzung des Ackerbodens. Nützlich für die Analyse sind jetzige Stammesstrukturen, und strenge Endogamie- Kasten-Regeln, die Hypothesen aufgrund nur begrenzten Austausches des Genpools der Bevölkerungsgruppen ermöglichen. In neolithischen Gesellschaften, in Ägypten und Babylonien war der Krieg alltäglich. Die Blütezeit von Harappa dagegen wirkt auffällig friedlich, ohne Mauern, Waffenfunde und knöcherne Läsionen. Die hohe zivilisatorische Stufe („Wasserluxus“) wird im Rahmen der historischen Entwicklung, von Aufstieg und Abstieg, beleuchtet. Es lohnt, sehr viel umfassender an das gegenüber Europa „dünnere“ osteologische Material heranzugehen und überraschende Thesen zu entwickeln. Die Studie soll einen gebündelten, aber umfassenden Überblick über die Befundlage geben, aus der Sicht eines Mediziners und Vorderasiatischen Altertumskundlers, zumal die Paläopathologie Südasiens deutschsprachig noch ein Desiderat ist.