Korruption als soziale Beziehung
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Dieses Buch befasst sich mit einem Phänomen, von dem gerne gesagt wird, es sei „so alt wie die Menschheit“; andere nennen es, in Anspielung auf eine als ähnlich traditionsreich geltende Form sozialen Verkehrs, das „zweitälteste Gewerbe der Welt“. Ein Gewerbe, über das man wenig zu sprechen pflegt, wenn man es selber betreibt, dessen Name aber stets um so lauter erschallt, wenn es gilt, missliebige Mitspieler im Wettstreit um Macht, Einfluss oder Geld moralisch zu diskreditieren. Korruption lautet die Formel, die zur Umschreibung des Menschlich-Allzumenschlichen ebenso herhalten muss wie zur Beschwörung des Niedergangs von Staat, Kultur und Zivilisation; und in schöner Regelmäßigkeit entlädt sich die öffentliche Entrüstung über den Skandal unbeschadet der kollektiven Er kenntnis, dass es „so etwas“ schon immer gegeben hat und immer geben wird. „So etwas“? Was denn eigentlich? Was für Vorgänge, Zustände, Ver haltensweisen oder Eigenheiten meinen wir, wenn wir von „Korruption“ sprechen? Im Austausch mit Leuten, die wissen wollten, worüber ich for sche, habe ich immer wieder die Erfahrung machen können, dass die Vor stellungsinhalte, die sich mit diesem Wort verbinden, so diffus wie viel gestaltig sind. Mauscheleien im Bauamt, Vetternwirtschaft und Amigos, schwarze Kassen für illegale Parteispenden, noble Geschenke an IOC Funktionäre vor der Vergabe Olympischer Spiele, Schrniergeldpraktiken im internationalen Geschäftsverkehr, die Plünderung der Staatskasse durch Machthaber in aller Herren Länder: dies alles und noch viel mehr, was in einem spezifischen Sinne als unmoralisch und verwerflich gilt, kann und darf je nach subjektivem Verständnis und Diskussionszusam menhang unter „Korruption“ verstanden werden.