Weißer Jahrgang, weiße Jahrgänge
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Mehr als zweitausend Kleinstädte gibt es in diesem Land. Jede ist ein höchst eigener Kosmos, ist unverwechselbar. Von der Kleinstadt Helmenstein ist hier die Rede; eine Kleinstadt, die es so nicht gibt und doch gibt. Sie liegt in der Mitte des Landes und ist wie viele andere weder berühmt noch berüchtigt. Auch in dieser Stadt werden Ende des zweiten Jahrzehnts des vorigen Jahrhunderts um 1930 Kinder geboren. Sie wachsen hier auf und besuchen die Schulen. Sie zählen zu den weißen Jahrgängen, die als Vierzehn-, Fünfzehnjährige noch mit dem Krieg in Berührung kommen. Und sie finden sich wieder nach dem Ende des Krieges in ihrer Kleinstadt in der sowjetischen Besatzungszone. Gleichaltrige, die der Krieg aus ihren Wohngebieten im deutschen Osten vertrieben hatte und die hier Wohnraum fanden, treffen sie jetzt in ihrer Stadt und ihren Schulklassen. Am Ende des vierten Jahrzehnts, 1949/50 legten sie das Abitur ab. Sie verließen nunmehr ihre Kleinstadt und lernten, studierten, arbeiteten in Leipzig, in Frankfurt am Main, in Stuttgart, in Berlin. In einer anderen Formel wird diesen Jahrgängen die „Gnade der späten Geburt“ zuteil. Wenn mit dieser Vokabel der Gedanke verbunden wird, dass über diesen Menschen eine gnadenvolle Fülle an Wohltaten ausgeschüttet wurde, so ist dies irreführend. Im Gegenteil, ihre Wege in Ausbildung und Beruf waren mit großen Anstrengungen verbunden. In ihrem deutschen Lande erlebten sie vier Staatsgebilde: Weimarer Republik, Drittes Reich, Bundesrepublik Deutschland BRD / Deutsche Demokratische Republik DDR, vereinigte Bundesrepublik. Über ihre sehr unterschiedlichen Wege in Ost und West wird hier berichtet.