Kulturen des Sachunterrichts
Bildungstheoretische Grundlagen und Perspektiven der Didaktik
Bildungstheoretische Grundlagen und Perspektiven der Didaktik
Essays und philosophische Experimente
Das Sachlernen gehört zu den zentralen Bildungsfeldern der modernen Wissensgesellschaft, in das Inhalte und Methoden naturwissenschaftlichen Lernens sowie sachunterrichtliche Konzeptionen eingeordnet werden können. Die vorliegende Studie beschreibt die Entstehung und Etablierung dieses Feldes von der Renaissance bis zu den pädagogischen Ideen Rousseaus. Damit soll nicht nur eine Forschungslücke geschlossen, sondern insbesondere die Bedeutung des Sachlernens für die Transformation der Bildung in die Kontexte der Moderne aufgewiesen werden.
In der pädagogischen Diskussion wurden Bildung und Lebenspraxis immer wieder unterschiedlich bewertet und ausgelegt. So haben Kritiker auf der einen Seite den mangelnden Lebensbezug einer Bildung herausgestellt, die sich in Schulen und anderen Lernorten institutionalisiert und damit künstliche Räume fern der Alltagswirklichkeit schafft, welche einzig zum Zweck der Belehrung eingerichtet wurden. Auf der anderen Seite ist die Lebenspraxis den Pädagogen suspekt, wenn sie den Menschen zum Besseren hin erziehen wollen und auf diesem Wege bestimmte Ideen und Ideale im Blick haben, welche die Abwendung vom alltäglichen Leben erzwingen. Die vorliegenden Studien konzentrieren sich um diese Frage nach den Differenzen, vor allem aber um die Frage nach der möglichen Komplementarität von Bildung und Lebenspraxis. Im Hinblick auf die Verlusterfahrungen der Moderne ist mit diesem anthropologischen Ansatz sowohl ein zeitkritischer als auch kompensatorischer Anspruch verbunden, insofern als Deformationen der Bildung und der Lebenspraxis, aber auch deren Möglichkeiten beschrieben werden. Da es dabei nicht nur um das gebildete, kompetente oder perfekte, sondern im Sinne der klassischen Ethik um das gute Leben und damit um das Glück geht, spiegelt sich hier ein Grundproblem der Bildungstheorie wider, das angesichts der gegenwärtigen Reformierungen und Umstrukturierungen nichts an seiner Bedeutung verloren hat.
Ernst Cassirer (1874-1945) gilt als einer der bedeutendsten Kulturphilosophen des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die Interpretationen kulturellen Lebens, die er in seiner Philosophie der symbolischen Formen entwickelt hat, werden inzwischen in unterschiedlichen Disziplinen diskutiert und in einen fruchtbaren Dialog mit aktuellen Problemstellungen gebracht. Cassirers Analysen zeigen Mythos und Religion, Sprache, Kunst, Geschichte und Wissenschaft als Organe des Weltverständnisses bzw. als Medien, die dabei helfen, eine vielschichtige und vielsinnige Wirklichkeit verständlich zu machen und Ordnung in die unüberschaubare Mannigfaltigkeit der Sinneseindrücke zu bringen. Dieser kulturanthropologische Ansatz ist Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit. Gegen die Grundstimmung der klassischen Kulturkritik gerichtet, soll die These der Medialität menschlicher Orientierung als Herausforderung für Bildung gelesen und unterschiedliche Formen eines kulturellen Lernens begründet werden. Aus der Perspektive der symbolischen Formen kann so belegt werden, inwiefern die Auseinandersetzung mit Wissensbeständen, vorhandenen Sinnschichten und kulturellen Reservoirs den Bildungsprozess bereichert und inwiefern die Aneignung dieser vorgezeichneten symbolischen Bestände zur Identitätsentwicklung beiträgt. Damit wird ein Zusammenhang eröffnet, der trotz seiner Bedeutung in der aktuellen bildungstheoretischen Diskussion noch eher randständig ist.