Knihobot

Bernhard Marx

    Balancieren im Zwischen
    "Meine Welt beginnt bei den Dingen"
    Der doppelte Blick
    Ja und Nein
    Widerfahrnis und Erkenntnis
    »Und sucht sich selbst mit Ungestüm«
    • Widerfahrnis und Erkenntnis

      • 234 stránek
      • 9 hodin čtení

      Ein spannungsvolles Wort-Paar: Widerfahrnis und Erkenntnis. Zwei unterschiedliche, ja grundsätzlich verschiedene Erfahrungsweisen des Menschen sind hier nebeneinander gestellt, die trotz ihrer Gegensätzlichkeit als unverzichtbare Quellen menschlichen Lebensvollzugs zu betrachten sind. Diesem Themenkreis hat sich die Evangelische Forschungsakademie in ihrer 124. Tagung vom 08. bis 10.01.2010 in Berlin gewidmet. Im Mittelpunkt standen zwei zentrale Fragen: Wie werden wir im Widerfahrnisgeschehen hervorgebracht? Und: Wie bringen wir uns im Erkennen selbst hervor? Zudem wurde danach gefragt, ob es ein Verbunden-sein von Widerfahrnis und Erkenntnis gibt und ob sich Übergänge finden lassen: wie und wo kann ein Widerfahrnis zur Erkenntnis werden und welche Grenzen der Erkenntnis können den Weg zu einem Widerfahrnis öffnen. Dieser Band versammelt die Beiträge von Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen wie Naturwissenschaft, Philosophie, Theologie, Geschichtswissenschaft, Literatur und Kunstgeschichte.

      Widerfahrnis und Erkenntnis
    • Unsere Lebenswelt wird von Gegensätzen getragen und bestimmt. Der entschiedenste Gegensatz ist der zwischen Leben und Tod, zwischen Ja und Nein. In der Regel folgt unser neuzeitliches Denken einer zweiwertigen Logik und somit einem Ja oder Nein. Doch gerade dann, wenn uns ein Gegenteil im Schatten seines anderen erscheint, die Dauer im Schatten des Augenblicks, die Gesundheit im Schatten der Krankheit, das Unbewusste im Schatten des Bewussten, das Unsichtbare im Schatten des Sichtbaren, spüren wir sogleich etwas von der spannungsgeladenen Einheit dieser lebendigen Gegensätze. Die von uns oft auseinandergerissenen Gegenteile wieder miteinander in Einklang zu bringen heißt freilich nicht, sie aufzulösen. Es bedarf eines ungeteilten Blicks, um ihre Zusammengehörigkeit als ein Verbindendes und ein Trennendes wahrzunehmen, in einem Ja und Nein.

      Ja und Nein
    • Unser Blick auf Dinge wie auch auf Menschen ist meist zielgerichtet, distanziert und bemächtigend zugleich. Ein Blick, der hinsieht, um zu begreifen und wiederzuerkennen. Doch manchmal scheint es, als würde er unterbrochen von einem Blick, der nicht bei uns selbst beginnt. Ein Blick, der sich öffnet und berühren läßt. So entspringt all unser Gesehenes aus diesem doppelten Blick, der mithin ein ungeteilter ist. Wir haben gleichsam die Fähigkeit, nicht nur (selbst) etwas zu sehen, sondern auch etwas sehen zu lassen. Ein nehmendes und ein entgegennehmendes Sehen, das einem Sichtbarmachen und Sichtbarwerden gleichkommt. Die Kunst des Sehens liegt in dieser ‚gesteigerten‘ Sichtbarkeit, die den eigenen Blick belebt.

      Der doppelte Blick
    • Die dingbezogene Dichtung Rainer Maria Rilkes läßt sich als eine Poetik der Teilhabe verstehen, die sich aus unmittelbaren Erfahrungen und Widerfahrnissen speist, im ‚erlernten Bezug‘. Das sich nach Rilke im ‚Weltinnenraum‘ (Herzraum) vollziehende Geschehen des Sehens und Gesehenwerdens der Dinge – und damit auch von Erfahrung und Ausdruck – muß als ein Akt der Gleichzeitigkeit gedacht werden. Da sich im Begegnungsgeschehen die Subjekt-Objekt-Struktur auflöst, kann von dem eigentlichen Geburtsort der Gedichte, die als Kunst-Dinge zeitüberbrückend auf ‚sinnende Möglichkeiten‘ des Daseins verweisen, nur in behutsamer Annäherung geredet werden. In den Wortgestalten seiner Kunst-Dinge werden die Dinge ‚durchsichtig‘ auf ihren Ursprung hin, auf ihr Gewordensein und ihre offene Zukunft. Diese Zukunft der Dinge aber beginnt mit dem innersten Erleben ihrer Ankunft im Gegenwärtigen.

      "Meine Welt beginnt bei den Dingen"
    • Balancieren im Zwischen

      • 159 stránek
      • 6 hodin čtení

      Paul Klees bildnerisches Denken vollzieht sich im Kreuz von zwei Zwischenreichen, dem Zwischenreich der Form (zwischen Realität und Abstraktion) und dem Zwischenreich des Objekts (zwischen Gegensätzen bzw. Gegenpolen wie Himmel und Erde, Leben und Tod). Klees Zwischenreiche sind keine Orte der Ungewißheit oder Unentscheidbarkeit, sondern Orte des Gleichgewichts, das damit zum eigentlichen bildnerischen Element erhoben wird. Das Gleichgewicht ist die Bedingung dafür, daß im Kreuz der beiden Zwischenreiche seine Bilder entstehen. Vielmehr noch, seine Bilder zeigen das Zwischen und bleiben im Zwischen. So sind die Zwischenreiche gleichsam die eigentliche Quelle jener Bildwirklichkeit, die zum Schöpfungsgleichnis werden kann. In seinem Bild Der Seiltänzer macht Klee die Doppelheit des Gleichgewichts auf besonders eindrucksvolle Weise sichtbar. Neben der Charakterisierung der beiden Zwischenreiche anhand ausgewählter Bildbeispiele, wird in themenspezifischen Exkursen auch dem kunstphilosophischen Hintergrund dieses bildnerischen Denkens nachgegangen. Inhaltlich eröffnet sich letztlich auch der Zugang zur lebensbestimmenden Dimension des Zwischen-Menschlichen, so wie sie etwa von Martin Buber und Romano Guardini bestimmt worden ist.

      Balancieren im Zwischen