Um 1900 veränderte sich die jüdische Welt Europas. Pogrome und wirtschaftliche Not veranlassten Tausende osteuropäische Jüdinnen und Juden, nach Palästina, Amerika und in die mitteleuropäischen Metropolen zu migrieren. Dort trafen die in der Mehrzahl traditionell und religiös geprägten „Ostjuden“ auf weitgehend in die nichtjüdische Gesellschaft integrierte „Westjuden“. In diesem neuen Umfeld dienten sie häufig als Fläche für Projektionen, die zwischen dem Klischeebild des rückständigen und dem Ideal des „authentischen“ Judentums oszillierten. Der Tagungsband zur gleichnamigen Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs dekonstruiert den Begriff „Ostjuden“ und diskutiert jüdische Lebenswelten im Spannungsfeld zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdzuschreibung im globalen Kontext. Die Forschungserkenntnisse aus Geschichte, Kultur- und Literaturwissenschaften führen zur Hinterfragung vermeintlich statischer Mythen und zur Korrektur noch immer aktueller Stereotype. Aus dem Inhalt: Philipp Mettauer: Vorwort Anna Lipphardt: Wo liegt Osten? Zur (Selbst-)Verortung osteuropäischer Juden Barbara Staudinger: Unerwünschte Fremde. Galizische Juden in Wien: Zwischen Integration, Wohlfahrt und Antisemitismus Gertrud Pickhan: „Ostjudentum“ und Mizrekh-Yidishkeyt. Begriffskonstruktionen, Selbstwahrnehmungen und Fremdzuschreibungen Svjatoslav Pacholkiv: Galizische Judenedikte im Kontext der Josephinischen Toleranzpolitik Susanne Talabardon: Reb Melech oder: Die Metamorphose des Elimelech von Lezajsk (1717-1787) vom Kabbalisten alter Schule zum Zaddik von Galizien Andreas Vormaier: Ölrausch. Über eine aufstrebende Erdölindustrie in einer postfeudalen Gesellschaft Peter Becker: Von Jamnica nach Kapstadt und Buenos Aires. Anna Königsberg und der Mädchenhandel in der Habsburgermonarchie Michael Hagemeister: „Geheimnisse des Judentums“ und ihre „Enthüllung“. Von Biarritz zu den Protokollen der Weisen von Zion Joachim Schlör: Jeszcze piękniejsze od Paryża. Die „Ostjuden“ im Palästina der 1920er Jahre Marianne Windsperger: Schtetl revisited: Jüdische Familiengeschichten zwischen New York und Osteuropa
Philipp Mettauer Knihy


Erzwungene Emigration nach Argentinien
Österreichisch-jüdische Lebensgeschichten
- 230 stránek
- 9 hodin čtení
In diesem Band werden die individuellen Erfahrungen von ÖsterreicherInnen, die während der NS-Zeit nach Argentinien vertrieben wurden, anhand einer umfassenden Auswahl von Interviewpassagen dargestellt. Von den geschätzten 2300 österreichischen Flüchtlingen konnten zwischen 2001 und 2003 noch 80 interviewt werden. Die Interviews konzentrieren sich auf Personen, die nicht berühmt wurden und deren Geschichten in anderen Publikationen fehlen. Eine breite Quellenbasis wird durch einen umfangreichen Briefwechsel, zahlreiche Dokumente und Archiv-Recherchen in Buenos Aires ergänzt. Die Schwerpunkte liegen auf der Sozialisation der Interviewten in Österreich, ihrem Leben bis zum »Anschluss« und dem Novemberpogrom 1938, der Beraubung und Vertreibung, den Emigrationsvorbereitungen, der Flucht sowie der Ankunft und Akkulturation in Argentinien. Ein weiterer Fokus ist das vielschichtige Verhältnis der EmigrantInnen zu Österreich und Argentinien, zu jüdischen Themen, Reisen in die »alte Heimat« und den Bemühungen um Entschädigungen. Fragen nach Brüchen, dem Neuanfang in einem fremden Land und der komplexen Identität, die oft mit Österreich verbunden ist, ziehen sich durch die Lebensgeschichten. Philipp Mettauer, geboren 1976 in Linz, hat Geschichte und Politikwissenschaft studiert und war als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Interviewer in verschiedenen Projekten tätig. Für dieses Werk erhielt er den Doc. Award 2008 der Universität Wien