Hans-Jürgen Benedict Knihy






Barmherzigkeit und Diakonie
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Barmherzigkeit zielt nach biblischem Verständnis auf die Umsetzung des barmherzigen Handelns in soziale Rechte. Am Maßstab dieser erbarmensrechtlichen Tradition werden Stationen der Diakoniegeschichte abgeschritten: vom alttestamentlichen Sozialrecht über das Hilfehandeln Jesu bis zur karitativen Mission der frühen Kirche; von Wicherns Konzept der rettenden Liebe Mitte des 19. Jahrhunderts zum zivilgesellschaftlichen Neuansatz der Diakonie am Ende des 20. Jahrhunderts. Benedict plädiert für ein engagiertes anwaltliches Handeln im bröckelnden Sozialstaat. Er entfaltet Anregungen für eine gemeinwesen-orientierte Diakonie der Kirchengemeinden und ein neues Professionsverständnis des Diakonenberufs.
Musik, Theater und Literatur sind in der Erlebnisgesellschaft, in der die Bedeutung der organisierten Religion zurückgegangen ist, zu einem letzten Sinnreservat geworden. Für den Theologen Hans-Jürgen Benedict, der an der Ev. Fachhochschule für Sozialpädagogik diakonische Theologie lehrt, ist das keine Überraschung, beruht Kunst für ihn doch auf einer realen Anwesenheit von Transzendenz. In einer kalten und unbehausten Welt sind die Kunstwerke Vorschein von Versöhnung und vermitteln das Glück von Beheimatung und Sinn. Große Kunstwerke haben Gnadencharakter. Am Beispiel der Oper als einer musikdramatischen Liebesreligion geht der Autor der Frage nach, wieso die leidenden Frauen in der Oper beten, und die tragisch Liebenden siegreich in der Musik auferstehen und worin die Verzauberungskraft der Opernmusik liegt. Auf der anderen Seite: die Welt ist nicht versöhnt, wenn nicht die soziale Frage gelöst wird. Kann Kunst durch ihre Produktionen dazu beitragen, dass diese Frage wachgehalten wird. Kann das Theater der Zeit den Puls fühlen? Wie das Soziale auf dem Theater dargestellt wird, wird an den Stücken von Brecht, Horvath und so genannten Zeitstücken der Weimarer Republik untersucht. Schließlich folgt der Autor den „Spuren Gottes in der Literatur“. In Essays über Goethe, Heine, Thomas Mann und Brecht wird gezeigt, wie bei diesen kirchenfernen und religionsskeptischen Autoren die Gottesfrage dennoch auf überraschende Weise oft geheimes Thema ist. Matthias Claudius Auseinandersetzung mit dem Thema des Sterbens wird ebenso untersucht, wie die Songs der Beatles und die Morgenandachten zur Zeit der Terroranschläge 1977. Der Autor gibt sich einerseits als einer zu erkennen, der Zeit seines Lebens der „holden Kunst“ zugetan war und von ihr in manchen traurigen Stunden getröstet wurde. So enthalten die oft amüsant zu lesenden Texte auch Lebensgeschichtliches. Auf der anderen Seite erweist die theologische Lektüre der Kunstwerke, dass diese sonst in religiöser Sprache formulierte rettende Einsichten oft besser festhalten als die Theologie selbst es tut.
Reformation und Denkfreiheit
Geistreiche Religionskritik von Heine bis Brecht
Luthers Wiederentdeckung der Bibel und der Gnadentheologie bewirkte, dass die Religion noch einmal die treibende Kraft in den politischen Auseinandersetzungen des 16. und 17. Jahrhunderts wurde. Zugleich kam mit der Reformation eine neue Denkfreiheit, die es erlaubte, Glaubensinhalte distanziert zu hinterfragen, Religiös-Ernstes heiter und kritisch zu betrachten. In der modernen säkularen Gesellschaft sind die Inhalte des Christentums schwer vermittelbar geworden, die Institution Kirche steht insgesamt in der Kritik. Wie können Christen mit dieser abnehmenden Bedeutung ihres Glaubens nicht gekränkt umgehen? Können sie ein heiter-kritisches Verhältnis zu den Inhalten ihres Glaubens entwickeln? Eine Möglichkeit, Glaube und Ironie konstruktiv zu verbinden, findet sich zuerst bei Heinrich Heine, der gemeinhin nur als spöttischer Kritiker des Christentums gilt. Thema ist u. a. „Luther als kompletter Mensch“. Ergänzt wird Heine durch Eduard Mörike mit seinen heiteren Pastoralgedichten, Wilhelm Buschs Spott über die Frommen, Bertolt Brechts Rückgriff auf das Lutherdeutsch der Bibel und seine Kritik an christlicher Vertröstung und Peter Rühmkorfs welthaltiges Lob des Lebens. Und als französische Zugabe: Gustave Flauberts ironische Kirchenkritik. Literarisch interessierte Christen, die Freude an einem ironisch-kritischen Umgang mit der christlichen Tradition haben, kommen mit diesen Essays voll auf ihre Kosten.
Die häufigen Darstellungen von klassisch-romantischer Musik in den literarischen Werken des 19. und 20. Jahrhunderts waren der Anlass, der Frage des erzählten Klangs in der Literatur genauer nachzugehen. Wie gelingt es Schriftstellern wie E. T. A. Hoffmann, Eduard Mörike, Theodor Storm, Thomas Mann und Elfriede Jelinek Klänge zu erzählen und Töne zu beschreiben? Denn auch Autoren haben es nicht leicht, in Worten auszudrücken, was sich den Worten entzieht: die besondere Sprache der Musik. Die Untersuchung begibt sich auf die Suche nach dem schriftstellerisch-poetischen Mehrwert in der Schilderung von Musik. Was ist die besondere „Gewalt der Musik“ (Kleist)? Was sagt die gehörte oder gespielte Musik über die handelnden Personen aus? Warum stehen seit E. T. A. Hoffmanns Kapellmeister Kreisler und Franz Grillparzers Der arme Spielmann scheiternde und skurrile Musiker im Zentrum des Interesses? Wie gelingt die fiktionale Beschreibung neuer Musik? Zu diesen und anderen Themengebieten analysiert diese Monographie erstmals fast fünfzig Texte und an die hundert Musikstücke.
"Wär ich allmächtig, ich würde retten, retten"
Aufsätze zur Gottesfrage in der deutschen Literatur
Bei seinem Streifzug durch die neuere deutsche Literatur unter dem Thema der Gottesfrage kommt Benedict zur Entdeckung aufschlussreicher Entwicklungslinien. Zum einen wird seit Jean Pauls „Rede des toten Christus, daß kein Gott sei“ und Büchners Lenz, der geradezu vom Atheismus überfallen wird, der Zweifel an einem gerechten Gott immer stärker. Zum anderen gibt es eine mit Matthias Claudius beginnende Linie aufgeklärten Gottvertrauens, die bis zu der paradoxen Formulierung Bonhoeffers in finsterer Zeit reicht „der Gott, der mit uns ist, ist der Gott, der uns verlässt“. Eine dritte Linie macht ernst damit, dass Theologie und Anthropologie sich gegenseitig bedingen; der Mensch wächst an Gott, der nicht das Gute, sondern das Ganze ist (so in Thomas Manns Josephsroman). Auch nach dem von Nietzsche proklamierten Tod des theistisch verstandenen Gottes wird in zeitgenössischen Gedichten und Romanen poetisch, spielerisch und experimentell an Gott als dem Gegenüber einer sich absolut setzenden Menschheit festgehalten, die Anwesenheit des Abwesenden umkreist. Die Essais Benedicts, in den letzten 15 Jahren verfasst, ersetzen für Literaturliebhaber wie für theologisch Interessierte die vorerst noch nicht geschriebene Monographie zu dem Thema Gott in der Literatur.