Knihobot

Nicole Ficociello

    Die Heldenreise im Hause Pixar
    Die Heldenreise in den Pixar-Filmen Ratatouille und Findet Nemo
    • 2018

      Textprobe: Kapitel 2.3, Joachim Hammann: Bevor auf das Modell der Heldenreise nach Hammann eingegangen wird, soll dargestellt werden, wie er seinen Ansatz einordnet und begründet. In der klassischen Auffassung basiert ein Drehbuch auf einem Drama und orientiert sich somit an der klassischen Dramentheorie aus Aristoteles' Poetik. Nach Voglers neuerem Ansatz basiert ein Film auf Mythen. Joachim Hammann setzt noch früher an. Er sagt, dass der Mythos bereits eine sekundäre Erfahrung sei, die sich von Ritualen und Dramen ableitet. Deswegen geht er mit seinem Ansatz zu dem, was gedanklich und praktisch vor dem Mythos kam, zurück. Laut Hammann ist das die Initiation. Filmdramen sind Nachbildungen von Initiationen. Unter Initiation versteht Hammann das, was in der Psychologie Jungs die Individuation ist. Die Individuation ist dort der Prozess, welcher ein psychologisches 'Individuum', das heißt eine gesonderte, unteilbare Einheit, ein Ganzes, erzeugt. Nur wenn die Individuation vollzogen wird, kann ein Mensch zu dieser unteilbaren Einheit werden. Hammann spricht hier von der Ganzheit, die aus vier Funktionen besteht. Er bedient sich der Theorie und der Terminologie Jungs und findet zahlreiche Beispiele für den Beleg der magischen Zahl vier. Die erste Funktion ist der Körper, die sich in Willenskraft äußert. Die zweite Funktion ist der Geist, welche das Denken symbolisiert. Die dritte Funktion bildet das Herz. Emotionen und Gefühle werden von dieser Funktion ausgedrückt. Und die vierte Funktion ist die Seele. Dort finden sich die spirituellen, kreativen und intuitiven Elemente. Das Herz und die Seele sind die beiden unbewussten Funktionen. Hammann bezeichnet sie als die weiblichen Funktionen und nennt sie Anima. Körper und Geist zählt er zu den männlichen, bewussten Funktionen. Hammann geht davon aus, dass die vier Funktionen bei jedem Menschen einmal intakt waren. Das ist die Ganzheit. Durch ein traumatisches Ereignis wurde diese Ganzheit zerstört. Zur Veranschaulichung verwendet er das Bild des Paradieses, das in vielen Religionen und Kulturen existiert. Danach lebte jeder Mensch einst in einem Paradies. Hammann definiert das Paradies als eine nicht sichtbare oder fassbare Wirklichkeit. Es ist eine geistige, emotionale oder seelische Wirklichkeit, eine Haltung, eine Lebenseinstellung. Dieses Paradies ist vergänglich. Die Vertreibung aus dem Paradies ist eben dieses traumatische Ereignis von dem Hammann spricht. Durch die Vertreibung aus dem Paradies verlor der Mensch die Ganzheit seines paradiesischen Selbst und ist deshalb unglücklich und unzufrieden. Hammann betrachtet die Vertreibung aus dem Paradies jedoch als normal und natürlich, weil sie von Gott selber angelegt ist. Das Paradies hindert den Menschen am Vorwärtskommen. Ohne den Verlust des paradiesischen Zustandes könnte sich der Mensch nicht weiterentwickeln. Außerdem führt die aufkeimende Individualität des Menschen dazu, dass der Mensch sich seiner selbst bewusst wird und sich als Individuum begreift. Auch deshalb kann das Paradies kein ewiger Zustand sein. Durch das Trauma der Vertreibung wurde dem Menschen eine der vier Funktionen geraubt. Diese nennt Hammann in Anlehnung an Jung die inferiore Funktion. Die inferiore Funktion ist mit Angst und Verleugnung besetzt, da sie der Punkt ist, an dem der Held empfindlich verwundet wurde. Auch die anderen drei Funktionen leiden unter der Traumatisierung. Dennoch ist es die traumatisierte Funktion, die zurückerobert werden muss. Denn nur so können auch die anderen Funktionen wieder heilen und die vierseitige Ganzheit kann wiederhergestellt werden. In Analogie zu der inferioren Funktion sprechen Jung und Hammann auch von der superioren Funktion. Sie wurde am wenigsten in Mitleidenschaft gezogen. Mit ihr richtet sich der Mensch im Leben ein und versucht, trotz des Traumas, zurecht zu kommen.

      Die Heldenreise in den Pixar-Filmen Ratatouille und Findet Nemo
    • 2011

      Was haben „Findet Nemo“ und „Ratatouille“ mit der griechischen Mythologie gemeinsam? Die Trickfilmhelden durchlaufen die klassische Heldenreise, ein Erzählmodell, das von vielen Regisseuren, darunter George Lucas, genutzt wird. Dieses Buch beleuchtet die Hintergründe der Heldenreise, die von Mythenforscher Joseph Campbell als universelle Struktur erkannt wurde. Jeder Mythos dreht sich um einen Helden, der in verschiedenen Formen auftreten kann, und bestimmte Archetypen, die nach C. G. Jung typisiert werden, finden sich in vielen Geschichten wieder. Christopher Vogler übersetzte Campbells Modell in den 90er Jahren für den Spielfilm, behielt jedoch die mythologische Ausrichtung bei. Joachim Hammann bietet die erste deutsche Auseinandersetzung mit dem Thema und analysiert die Heldenreise im Film im Kontext einer vieraktigen Struktur. Das Buch ergänzt die theoretischen Ansätze mit einer detaillierten Analyse der beiden Pixar-Filme, die die Anwendung der Heldenreise veranschaulicht. Während die Abenteuer von Marlin und Remy unterschiedlich sind, zeigen sie dennoch Gemeinsamkeiten. „Findet Nemo“ war ein großer Erfolg, während „Ratatouille“ während der Fusion von Disney und Pixar entstand und nicht ganz an diesen Erfolg anknüpfen konnte. War der Druck der Fusion ausschlaggebend oder lag es an der Heldenreise? Disney ist bekannt dafür, die Heldenreise gezielt einzusetzen, während Pixar noch dabei ist, sich einen ähnlichen Ruf aufzubau

      Die Heldenreise im Hause Pixar