Die Katalogisierung und Vermessung von Ausdehnung, Wassertiefe und Kartographie unserer Orte, Städte und Flüsse wurde in den letzten Jahrhunderten immer genauer. Doch über die Etymologie ihrer Bezeichnungen ist in vielen Fällen noch immer wenig bekannt. Der Philologe und Hobby-Etymologe Johannes Hutter hat sich auf die Suche nach den Ursprüngen heutiger Orts-, Fluss- und Flurnamen insbesondere im süddeutschen und österreichischen Raum gemacht. Seine jahrelangen Nachforschungen fördern dabei so manch Erstaunliches zutage. So weist er beispielsweise im süddeutschen Raum einen wesentlich höheren Einfluss slawischer Wurzeln nach als in der klassischen Lehrmeinung angenommen. Die Rückführung von Ortsnamen auf keltische und althochdeutsche Wurzeln bei der Herkunft der Fluss- und Flurnamen ist in vielen Fällen also nicht mehr haltbar. In einer sehr detailreichen und ausführlichen Untersuchung werden hier kategorisch Mängel der früheren Toponomastik aufgedeckt und spannende neue Wendungen in der Herkunftskunde vorgeschlagen. Johannis M. Hutter, geboren 1944 im bayrischen Eichtätt, studierte klassische und semitische Philologie an den Universitäten München und Wien. Ebenfalls im Patrimonium-Verlag erschienen sind seine Werke „Slawische Spuren im frühmittelalterlichen Baiern“ (2013) und „Slawische Appellativen in Flora & Fauna des frühmittelalterlichen Baiern-Schwaben-Österreich“ (2014).
Johannes Hutter Knihy



Lange galt in der toponomastischen Fachwelt der feste Glaubenssatz, Ortsnamen seien in der Regel auf Personennamen zurückzuführen, selbst wenn diese eigens zu diesem Zweck konstruiert („erschlossen“) werden mussten. Je nach herrschender Wissenschaftsmode oder politischer Vorgaben wurden auch keltische oder althochdeutsche Namen und Begriffe herangezogen, die keine oder keine zum Erstbeleg des Ortsnamens passende Basis in der Besiedlungsgeschichte der fraglichen Region haben. Wie wenig haltbar diese Herangehensweise oft ist, legt Johannes Hutter anhand zahlreicher Ortsnamen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und darüber hinaus dar, an deren Beispiel er mit großer Detailtiefe den fast automatischen Rückschluss auf vermeintliche Gründernamen in Frage stellt. Er zeigt auf, wie viele der vertrauten Ortsnamen etwa Frankens, die Parallelen selbst bis nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein und in die ehemals deutschen Gebiete Polens haben, stattdessen auf Landschaftsmerkmale verweisen: häufige und besonders markante Bäume, die Habitate bestimmter Tiere, die Beschaffenheit des Bodens oder nahe Gewässer.
Slawische Spuren im frühmittelalterlichen Baiern (Bagoaria)
- 241 stránek
- 9 hodin čtení
Lange galt die Lehrmeinung, dass der slawische Siedlungsraum in Bayern und das Auftreten slawischer Ortsnamen sich auf den Norden beschränkten. Diese Annahme führte dazu, dass namenskundliche Forschung in anderen Teilen Bayerns slawische Elemente ignorierte und in schwierigen Fällen auf nicht belegte althochdeutsche Personennamen zurückgriff. Teilweise könnte diese Fehlannahme im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ideologischen Überlegungen oder dem Respekt vor den Pionieren des Fachs geschuldet sein. Johannes Hutter untersucht in seinem Werk diese toponomastischen Irrtümer und zeigt, dass auch im Raum Eichstätt und weiteren Regionen Oberbayerns slawische Ortsnamen vorkommen. Er belegt die slawischen Wurzeln zahlreicher vormals unerklärlicher Orts-, Flur- und Flussnamen anhand urkundlicher Quellen und der sorbischen Sprache. Zudem stellt er toponomastische Parallelen zu Regionen in Deutschland her, die eine unbestrittene slawische Siedlungsgeschichte aufweisen. Diese Parallelen zeigen sich nicht nur in gemeinsamen semantischen Merkmalen, sondern auch in der räumlichen Nähe von rein slawischen und althochdeutschen Ortsnamen. Hutter prüft seine Ableitungen anhand der örtlichen Geographie und verfolgt die Besiedlungsrichtung slawischer Ortsnamen im Eichstätter Raum, was ein neues, facettenreiches Bild des frühmittelalterlichen Deutschlands zeichnet und die ethnische sowie kulturelle Vielfalt dieser Epoche beleuchtet.