Zusammenfassung Einleitung: Rudolf Steiner präsentierte von 1909 bis 1921 seine Lehre der menschlichen Sinnesorganisation mit 12 Sinnen. Die zentrale Forschungsfrage dieser Untersuchung lautet: Wie ist Steiners Konzept der Gedankenwahrnehmung und die damit verbundene Sinnesorganisation zu verstehen, und wie steht es im Verhältnis zu den Ergebnissen der phänomenologischen, perzeptions- und kognitionswissenschaftlichen, neurobiologischen sowie sinnesorganologischen Forschung? Methode: Steiners Aussagen zum Gedankensinn werden in 13 Kernaussagen zusammengefasst und mit empirischen Erkenntnissen aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen in Beziehung gesetzt. Ergebnisse: Steiners Ansichten zur Sprachwahrnehmung, die heteromodale und multimodale Prozesse umfasst, finden Unterstützung. Er beschreibt Sprachwahrnehmung als eine Dreifachtätigkeit, die Hören, Vernehmen von Worten und Erfassen von Gedanken umfasst. Weitere empirische Befunde aus der philosophischen Phänomenologie, Steiners Konzept der Leib-Seele-Interaktion, der Perzeptions- und Kognitionsforschung sowie der Neurobiologie werden umfassend untersucht. Schlussfolgerung: Die Hypothese wird aufgestellt, dass der gesamte Leib als Sinnes- oder Resonanzorgan fungiert, dessen Afferenzen und möglicherweise Efferenzen notwendig sind, um im zentralen Nervensystem die Perzeption von Gedanken des Anderen bewusst zu machen.
Martin Peveling Knihy


Am 23. September 2015 ist an der Universität Witten/Herdecke die Dissertation des Promovenden Martin Peveling, „Der Sprachsinn bei Rudolf Steiner. Eine kritische Wür- digung im Lichte der modernen Sprachforschung und der sozialen Neurobiologie“ an- genommen worden. Anhand der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur konnte belegt werden, dass die zentralen Thesen Steiners zum Sprachsinn mit der heutigen neurobiologischen und sprachwissenschaftlichen Forschung erstaunlich gut übereinstimmen. Beispielsweise können bei der gehirnphysiologischen Verarbeitung von Sprache über die ausschließ- liche Tonwahrnehmung und Tonverarbeitung („Hörsinn“) hinaus zusätzliche Sequen- zen von neurobiologischen Abläufen registriert werden, die der Sprach- und ferner der Gedankenwahrnehmung zuzuordnen sind („Sprachsinn“, „Gedankensinn“). Des Weiteren ist Sprachwahrnehmung nicht nur ein sensorischer, sondern ein senso- motorischer Prozess, bei dem es über den sog. „motorischen Nerven“ zu einer an- fänglichen Aktivierung der Muskulatur ohne anschließende Bewegungsausführung kommt. Das entspricht Steiners These, dass die „motorischen Nerven“ der Sprach- wahrnehmung dienen und dass bei dieser die Bewegung „gestaut“, aber nicht ausgeführt werde.