»Wirbellose haben unzählige Methoden entwickelt, um sich zu schützen. Rückgratlose auch.« Menschen, die man allzu leicht übersieht, Tiere vor dem Aussterben, Puppen aus allerlei Weggeworfenem: Auf kunstvoll gebauten Schachteltheaterbühnen lässt Miriam H. Auer die Geschöpfe um ihr Leben tanzen. In den Hauptrollen: Ling aus dem Club »Venus Wonnen«, die biegsam genug ist, um für ihre Freier in Koffer zu kriechen, und nach einem Unfall das Zimmer 6 des Pflegeheims bezieht. Rita/Lita mit der Old-Hollywood-Figur, die Ling nicht immer wohlgesonnen war und ihr dennoch nicht von der Seite weicht – vielleicht, weil sie sich in den Fäden der Erinnerung verstrickt hat. Jens, der mit LKW »Elke« zwischen Wien und Reggio di Calabria Kunst transportiert, in Dragmars »Dragonbaby-Den« feiern geht, Zebras liebt und Ling lieber etwas vorspielt als sie aufzugeben. Zwischen Gegenwartskritik und Empowerment, Heavy Metal und Tandava, Tang-Poesie und Schopenhauer, sozialem Realismus und Kammerspiel, Schattentheater und frühem Animationsfilm ...
Leben ist die Normalität. Leben ist der Wahnsinn. September im Argen-Tal. Ein
Eisblock fällt aus heiterem Himmel und beschleunigt die Zeit. Und Harper, eine
dunkle Dame mit pinkem Lippenstift, lockt mit nicht ganz lauteren Methoden
drei junge Leute nach Wiese-Boa, wo zwischen Erdhügelhäusern ein Geheimnis
begraben liegt: Tabitha, die einst ihre Wut in Stanniol gepackt und als Gothic
Girl Novalis zitiert hat. Hanno, der ohne Hände den Teufel an die Wand malt
und mit seinem Mini-Pony Karotten namens Heribert und Stanislaus knabbert. Und
Ex-Pressesprecher Carl-Regen, der zu viel trinkt und sich mit seinem Prototyp
von Sohn in den Winterschlaf begeben will. Die drei machen sich auf den Weg
und finden gemeinsam mit Harper Antworten - auch auf Fragen, die sie sich gar
nicht gestellt hatten ... Zwischen Melancholie und Malerei, Ballett und
Headbangen, Scherbenfischen und Zerbadeten ... In Miriam H. Auers neuem Roman
geht es um Kinder. Um Kinder, von denen kaum jemand weiß. Um verlorene, innere
und tobende Kinder, um Namen und ihre Bedeutung und nicht zuletzt um eine
lebenswerte Zukunft von waschechten Antihelden in einer Welt voller Trugbilder
und Kontrollinstanzen ... Man hat sie langsam satt, diese unterschwellige Eis-
Promotion: 'Wenn ihr an ihn glaubt, dann kommt der Eisblock auch zu euch.' Die
verkauft Freigeister für dumm. 'Und dann dürft ihr ihn berühren, den
Unvergänglichen.' Und viele kommen gerne, um ihn zu sehen. Lassen sich gerne
zählen. Wollen ihn endlich anfassen. Noch ist nichts darüber nach außen
gedrungen, was mit einer Person geschieht, die der KI - und somit indirekt dem
Eisblock - nicht die Hand zum Abgleich auflegt. Ich bin mir sicher, dass die
Schlagzeilen irgendwann kommen werden. 'Weil der Brocken kein Gesicht hat,
siehst du nicht, dass er diktatorische Züge angenommen hat', meine ich zu
Hanno. Er küsst mich lange und flüstert mir dabei etwas in den Mund: 'In drei
Tagen kommt der Unvergängliche wieder ...' Ich kenne ihn gut genug, um
vermuten zu können, was er vorhat. Hanno Windgarms Waghalsigkeit ist nur den
anderen bis jetzt verborgen geblieben. Aber mein Mann hat Mut. Er bittet mich,
mir keine Sorgen zu machen. 'Tabitha, wir werden das Kind schon schaukeln.'