In diesem Band werden drei Abschlussarbeiten vorgestellt, die am Institut für Information und Dokumentation der Fachhochschule Potsdam (IID) verfasst und für den Heike-Schöbel-Preis nominiert wurden. Ausgezeichnet wurde die Arbeit „Der Weg zur Quelle. Inhaltliche Erschließung und Retrieval im Digitalen Archiv Duderstadt“ von Hans-Joachim Heerde.
Hans-Joachim Heerde Knihy



Das Publikum der Physik
Lichtenbergs Hörer
Für eine weltberühmte Universität wie es die Georgia-Augusta zu Göttingen besonders im 18. und 19. Jahrhundert war, waren nicht nur Professoren von europäischem Format wie Heyne, Pütter, Schlözer, Gatterer und Lichtenberg wichtig, sondern auch ihre Studenten. Zu Lichtenbergs Hörern zählten so berühmte und noch heute bekannte Persönlichkeiten wie die Mathematiker Gauß und Pfaff, die Brüder Humboldt und Schlegel, der Historiker Schlosser, der Mediziner Hufeland und der Astronom Benzenberg. Wer aber waren die anderen, zeitweilig mehr als 20 Prozent der gesamten Göttinger Studentenschaft, die bei dem »kleinen, buckligen« Professor lernten und nach ihren Göttinger Studien zu damals bekannten und heute oft zu Unrecht vergessenen Wissenschaftlern, Beamten, Würdenträgern oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens avancierten? Hans-Joachim Heerde stellt den Göttinger Professor der Experimentalphysik als akademischen Lehrer und seine Studenten vor. Auf der Basis von bisher nicht ausgewerteten und publizierten Quellenmaterialien wurde der Versuch unternommen, so vollständig wie möglich seine Schüler zu ermitteln. Von den vermutlich 2.500 Hörern zwischen 1770 und 1799 konnten über 1.740 identifiziert werden. Diese werden in kurzen Biogrammen vorgestellt und liefern somit einen repräsentativen Querschnitt der europäischen Bildungselite in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Der Band dokumentiert Robert Walsers dritten Roman Jakob von Gunten. Ein Tagebuch in der Textgestalt des Erstdrucks, der 1909 im Verlag von Bruno Cassirer in Berlin erschienen ist. Er zählt neben Musils Die Verwirrungen des Zöglings Törless und Hesses Unterm Rad zu den klassischen Werken der Internatsliteratur. Zur Entstehungsgeschichte gibt es kaum Informationen, doch gegenüber Carl Seelig hielt Walser fest, dieser Roman sei ihm unter »seinen umfangreicheren Büchern das liebste«. Das Editorische Nachwort beschreibt die Publikationsgeschichte und die sehr gegensätzliche Aufnahme bei der zeitgenössischen Literaturkritik. Verglichen die einen den Eindruck der Lektüre mit dem »Genuss einer Brauselimonade«, fanden andere das Buch »krampfartig eigenartig und zum Sterben langweilig«. Gar nicht langweilig fand es Franz Kafka, der ein zerlesenes Exemplar seinem Freund Max Brod im Mai 1910 zum Geburtstag verehrte. Er sei sich »vorläufig noch ein Rätsel«, notiert der Held zu Beginn in sein Tagebuch. »Vielleicht steckt ein ganz, ganz gemeiner Mensch in mir. Vielleicht aber besitze ich aristokratische Adern. Ich weiss es nicht. Aber das Eine weiss ich bestimmt: Ich werde eine reizende, kugelrunde Null im späteren Leben sein.«