Paradoxe Entwicklungen kennzeichnen die deutsche Sozialpolitik. So nehmen der Wohlstand und das Ausmaß der Umverteilung langfristig zu. Demgegenüber zeigen Sozialberichte häufig erhebliche Sicherungsdefizite. Vor diesem Hintergrund wird untersucht, inwieweit Fehlanreize der Umverteilung und in den sozialen Diensten Ursache für solch paradoxe Entwicklungen sind, wodurch diese verursacht werden und welcher Handlungsbedarf sich hieraus ergibt. Aufbauend auf wesentlichen sozialpolitischen Zielen, stehen zunächst die Potentiale freiwilliger privater Unterstützung im Vordergrund. Deren Anreize, Möglichkeiten und Grenzen werden in einem Vergleich von kommerziellen Anbietern sozialer Dienste, Wohlfahrtsverbänden sowie von Selbsthilfeinitiativen herausgearbeitet. Die Grenzen privater Unterstützung zeigen denkbare Aufgaben für staatliche Umverteilung. Von den jeweiligen institutionellen Anreizen hängt es ab, ob diese Aufgaben vom Staat optimal erfüllt werden. Mit Hilfe der Neuen Politischen Ökonomie wird daher die Zielkonformität sozialstaatlicher Umverteilungsanreize kritisch überprüft. Die Hypothesen der Neuen Politischen Ökonomie über Fehlsteuerungen staatlicher Umverteilung lassen sich sodann der sozialpolitischen Realität in Deutschland gegenüberstellen. Diskutiert werden dabei z. B. die Umverteilung zugunsten Wohlhabender, Abweichungen von der vertikalen und horizontalen Umverteilungsgerechtigkeit, der langfristig zunehmende Einkommensabstand von Sozialhilfeempfängern bis hin zu Leistungshemmnissen in der Sozialhilfe durch eine hohe Belastung zusätzlicher Erwerbseinkommen. Schließlich werden Handlungsoptionen zum Abbau von Fehlsteuerungen und Ineffizienzen aufgezeigt. Wesentliche Schwerpunkte sind das Zusammenspiel von kommerziellen Anbietern sozialer Dienste, Wohlfahrtsverbänden und Selbsthilfegruppen, die stärkere Ausrichtung der Umverteilung auf Bedürftige, die Möglichkeiten und Grenzen allgemeiner oder zielgruppenorientierter negativer Einkommensteuern sowie die institutionelle Reform sozialstaatlicher Entscheidungsregeln und -prozesse.
Jürgen Volkert Knihy



Existenzsicherung in der marktwirtschaftlichen Demokratie
Normativer Anspruch, ökonomische Rationalität und sozialpolitische Realität
Die Möglichkeiten einer systematischeren Existenzsicherung und Begrenzung der Umverteilung werden in diesem Buch untersucht. Die Ziele einer solchen Politik hängen stark von der normativen Basis ab. Im Unterschied zu manchen anderen ethischen und ökonomischen Arbeiten, wird daher der jeweilige Anspruch ethischer Konzeptionen (Utiliarismus, Rawls, Nozick, Buchanan, Diskursethik) an die Sozialpolitik offen mit den institutionellen Anreizen und Ergebnissen ökonomisch rationalen Handelns auf Märkten, im Dritten Sektor und im Sozialstaat konfrontiert. Dabei wird auch die Situation Nicht-Leistungsfähiger berücksichtigt. Es wird verdeutlicht, inwieweit das von der Neuen Politischen Ökonomie prognostizierte „Versagen sozialstaatlicher Existenzsicherung und Umverteilung“ die deutsche Sozialpolitik prägt.
Armut und Reichtum an Verwirklichungschancen
Amartya Sens Capability-Konzept als Grundlage der Armuts- und Reichtumsberichterstattung
Das Konzept der Verwirklichungschancen (Capabilities) des Ökonomienobelpreisträgers Amartya Sen bildet eine neue Grundlage der deutschen Armuts- und Reichtumsberichterstattung. Dieser Sammelband zum Capability-Ansatz diskutiert konzeptionelle Grundlagen sowie mögliche Anwendungen auf Armuts- und Reichtumsfragen ebenso wie Forschungsperspektiven.