Moisés Mayordomo Knihy



Jeder Versuch, Paulus zu verstehen, ist auch um einen Nachvollzug der zum Teil ebenso verwirrenden wie verworrenen Gedankengänge des Juden aus Tarsus bemüht. Wie jeder Mensch, der argumentiert und Folgerungen zieht, wirft auch Paulus die Frage auf, wie sich seine Argumente zur Logik verhalten. Sind sie als schlüssig einsichtig zu machen oder bewegen sie sich außerhalb der Strukturen rationalen Redens? Moisés Mayordomo geht dieser Frage auf der Grundlage antiker Logik nach. Er bietet zunächst einen Überblick über dieses faszinierende philosophische Gebiet und analysiert dann drei Argumentationsgänge exegetisch und logisch: die Auseinandersetzung mit der Auferstehungsleugnung in 1Kor 15,12-19, die Verhältnisbestimmung von Abrahamsbund und Rechtfertigung in Gal 3,6-14 und die Darlegung der Fol(gerun)gen menschlicher Schuld in Röm 1,18-3,20. Dabei stellt sich heraus, dass die Rolle logischer Stringenz bei Paulus unterschiedlich ausgeprägt ist. Neben dem methodischen Ertrag im Hinblick auf Möglichkeiten und Grenzen formallogischer Textanalyse leistet dieses Buch einen Beitrag zum Verstehen der theologischen Leistung des Apostels und nimmt zugleich den Dialog zwischen Theologie und Logik erneut auf.
Die Literaturwissenschaft hat sich in den letzten drei Jahrzehnten sehr stark mit der Frage beschäftigt, wie Sinndimensionen des Textes durch konkrete Aneignungsprozesse in der Lektüre realisiert werden. Von solchen rezeptionskritischen Fragestellungen hat die Bibelwissenschaft kaum oder nur am Rande Notiz genommen. In diesem Buch leistet Mayordomo-Marín – erstmals für den deutschsprachigen Raum – eine hermeneutische Aufarbeitung literaturwissenschaftlicher leserorientierter Fragestellungen im Hinblick auf die Evangelienexegese. Nach einer kritischen Diskussion wichtiger Theoriekonzepte (Iser, Jauß, Eco, Fish und andere) und dem Entwurf eines eigenen Modells werden die Einsichten in einer detaillierten Auslegung von Matthäus 1–2 zur Anwendung gebracht. Die Aufmerksamkeit gilt vor allem der Interaktion zwischen dem Text und seiner historischen Erstleserschaft, die als kollektive Hörerfahrung gefaßt wird. Die Analyse der Rezeption durch die Erstleserschaft berücksichtigt – aus exegetischer Perspektive – nicht nur kognitive (erkenntnismäßige) Aspekte, sondern auch affektive (gefühlsmäßige) und pragmatische (sachbezogene).