Der stolze Besitzer eines 1823er Bandes von Amadeus Wendts Taschenbuch zum geselligen Vergnügen entdeckt zunächst die Rückenansicht eines Mannes, der auf einer Fensterbrüstung lehnt. Die Produzenten des Taschenbuchs übertragen das gängige Motiv der Abgrenzung von Innen- und Außenwelt auf die Vorderseite des kleinen Büchleins. Die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten im 19. Jahrhundert zeigt sich in den papiernen Schutzumschlägen, Ziereinbänden, Kupferstichen und unterschiedlichen Schriftbeiträgen, die das Taschenbuch prägen. Beim Aufschlagen des Buches begegnet der Leser einem typischen Ausstattungselement: dem Kupfertitel. Der Nachstich von Raffaels Madonna aux linges ist nicht unabhängig von der Buchvorderseite, sondern weist darauf hin, dass der Leser eine Grenze überschreitet. Er betritt ein unbekanntes paratextuelles Dickicht, in dem ihm zahlreiche bild- und schriftförmige Texte begegnen. Diese Texte verwickeln ihn in immer komplexere Sinnzusammenhänge, bis in Ludwig Tiecks »Die Reisenden« die Grenzen vor seinen Augen zu verschwimmen beginnen.
Moritz Döring Knihy
