Die Dezentralisierung von Verwaltungssystemen hat in vielen Ländern stattgefunden und ist weiterhin ein aktuelles Thema. Ziel dieser Prozesse ist es, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu steigern, die Demokratie durch erhöhte Bürgerbeteiligung zu fördern und die Rechenschaftspflicht der Verwaltungsorgane zu verbessern. Diese Aspekte tragen zur Stärkung einer guten Regierungsführung bei und bieten zahlreiche Vorteile für die Gesellschaft.
Textprobe: Kapitel III Rechtfertigungsgründe und Funktionen Die
Dezentralisierung ist in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem weltweiten
Trend geworden, obwohl dieser Prozess tiefgreifende Reformbestrebungen
verlangt und viele diskussionsbedürftige politische Fragen aufwirft. Die
Befürworter der Dezentralisierung heben die Argumente hervor, dass durch die
Dezentralisierung das Regierungshandeln auf die lokalen Bedürfnisse kleinerer
und homogener Gruppen besser angepasst werden kann. Des Weiteren besteht die
Annahme, dass in dezentralisierten Staaten die wirtschaftliche Entwicklung
beschleunigt werden kann und auch die Bürokratie deutlich abgebaut wird und
somit lokale Beamte imstande sind komplexe Verfahren schneller durchzusetzen.
Auch wird die Effizienz und die politische Rechenschaftspflicht lokaler
Regierungen gestärkt und auf diesem Wege ebenfalls die Demokratisierung
gefördert und mehr Möglichkeiten geschaffen die Beteiligung der Öffentlichkeit
an der lokalen Regierungsführung zu erhöhen. Kälin zufolge gewinne durch das
Zusammenwirken lokaler Regierungen auch die Zentralregierung an mehr
Legitimität, da aufgrund stärkerer Teilhabe der Bürger an öffentlichen
Entscheidungen auch das Verhältnis zum Staat als Ganzes verbessert wird. Durch
die Dezentralisierung wird die Schaffung eines Systems von checks and balances
angestrebt, das die Möglichkeiten der Zentralebene ihre Befugnisse zu
überschreiten oder gar zu missbrauchen deutlich einzuschränken versucht.
Andere wiederum, die sich gegen die Dezentralisierung stellen, vertreten die
Ansichten, dass meistens durch Mängel an personellen, finanziellen und
technischen Ressourcen in den lokalen Regierungen, öffentliche
Dienstleistungen nicht zufriedenstellend bereitgestellt werden könnten und
daher die Macht an die relativ ressourcenreiche Zentralregierung bleiben
solle. Durch die Dezentralisierung würden sich einerseits auch die
finanziellen und sozialen Ungleichheiten zwischen den lokalen Einheiten
erhöhen, aber eine allzu starke Dezentralisierung kann auch insbesondere in
multiethnischen und postkonfliktuellen Gesellschaften zu
Seperatismusbestrebungen führen. Je nach der Art des staatlichen
Organisationsprinzips sowie den politischen oder wirtschaftlichen
Entwicklungen eines Landes, unterscheiden sich oft auch die Motive die zu
einem bestimmten Prozess der Dezentralisierung führen. In vielen Ländern ist
die politische Transformation vom autoritären Staat in eine Demokratie der
Hauptfaktor welcher oft die Notwendigkeit einer Dezentralisierung mit sich
bringt. Dies hat auch einen Transitionsprozess zur Folge, wo die
Dezentralisierung einen Bestandteil des Überganges von einer
Zentralverwaltungswirtschaft in eine Marktwirtschaft darstellt. Auch in
demokratisch entwickelten Ländern besteht oft die Notwendigkeit zur
Dezentralisierung, um einerseits die Bürgerbeteiligung und die
Rechenschaftspflicht der lokalen Regierung zu erhöhen und andererseits
ebenfalls sich den politischen Entwicklungen der jeweiligen konkreten Reformen
eines Landes anzupassen. In anderen Ländern und insbesondere im Kosovo ist der
Prozess der Dezentralisierung ein Ergebnis politischer Verhandlungen, die
durch ethnische Konflikte erstandene politische Krisen durch bestimmte Formen
der Dezentralisierung zu bewältigen versucht. Jedoch stellen die
Transformation von einem politisch autoritären System zum demokratischen
Staat, der Übergang von einer Zentralverwaltungswirtschaft zur Marktwirtschaft
und die Übertragung der Regierungshoheit von der internationalen
Übergangsverwaltung an die unabhängigen staatlichen Institutionen des Kosovo,
entscheidende Faktoren dar, die das Erfordernis zur Dezentralisierung der
staatlichen Strukturen des Kosovo unerlässlich machen. Demnach kann der
Dezentralisierungsprozess im Kosovo auch als ein Bestandteil des state-
building Prozesses angesehen werden, da es zur Konsolidierung funktionsfähiger
staatlicher Strukturen gezielt beiträgt.