Helmut Naumann Knihy






Das Wort „Stuhl“ bedeutete am Anfang der Wortgeschichte nicht „Möbel“: Der „Stuhl“ stand allein für den bereit, der ihn benötigte, um eine bestimmte Funktion auszuüben. Er war zum Beispiel Richterstuhl aus Stein und ortsfest. Ein solcher Stuhl hat dann in Namen wie Stuhlweißenburg und Landstuhl die Erinnerung an die Bedeutsamkeit dieser Stätten bewahrt. Für diesen Band sind zwei Lokalitäten am Ober- und Hochrhein ausgewählt worden, die den anspruchsvollen Namen „Kaiserstuhl“ tragen: das Gebirge im Breisgau und die am Hochrhein, heute in der Schweiz gelegene kleine Stadt. An beiden soll der Herrscher des Reiches einmal Gericht gehalten haben. Ob dies zutrifft, läßt sich allerdings nach der urkundlichen Quellenlage nicht beweisen. Wahrscheinlich bleibt indessen, daß tatsächlich an beiden Orten im 13. Jahrhundert ein später zum Kaiser gekrönter König an diesen beiden Stätten Recht gesprochen hat. Aus dem Inhalt: Die Frühgeschichte der Limburg bei Sasbach am Rhein - Kaiserstuhl, die Herkunft eines Bergnamens - Die Stadtscheibe Kaiserstuhl von 1543 im Rathaus von Stein am Rhein - Der Kaiserstuhler Efaden - Die Besitzungen des Klosters St. Blasien in der Stadt Kaiserstuhl - Kaiserstuhl, die Herkunft eines Stadtnamens - Die Bedeutung des Rheinübergangs von Kaiserstuhl - Die Gründung der Stadt Kaiserstuhl.
Zu seinen beliebtesten Themen steuert Helmut Naumann in diesem Band Aufsätze bei, die auf unbekannt gebliebene Nebenaspekte ein aufschlußreiches Licht werfen. Aus dem Inhalt: Zu Gottfried Keller: Das Tell-Fest im Zürcher Unterland. Die Heidenstube bei Glattfelden - Zu Rainer Maria Rilke: Rilke am Bodensee. Rilke und Toledo. Claire Golls Erinnerungen an Rainer Maria Rilke - Zu Max Frisch: Rilkes Einfluß auf Frischs „Stiller“. Anatol Ludwig Stiller alias James Larkin White. Max Frischs Erfahrung.
Im August 1889 hatte sich im Heidedorf Worpswede bei Bremen eine Künstlergruppe zusammengefunden; sie lehnte die Richtungen der Akademien in Düsseldorf und München ab. Zu dieser Gruppe gehörten Clara Westhoff (die spätere Ehefrau Rilkes) und Paula Becker (später Modersohn-Becker), deren Beziehung zu Rilke während seines Aufenthaltes in Worpswede zu vielerlei Deutungen Anlaß gegeben hat. Rilke kam aus Rußland (siehe ISBN 3-87718-821-4). Er verfaßte über die Worpsweder Gruppe eine Monographie; sie enthält Einsichten, die für Rilkes späteres Werk unverändert gelten, aber nirgends so deutlich ausgesagt sind. Der Band enthält diese Monographie. Naumann erklärt, warum die Jahre in Worpswede für Rilke kein Zwischenspiel waren, sondern eine wichtige Stufe unmittelbar vor der Pariser Zeit und den Werken seiner Meisterschaft.
Wie Naumanns „Malte-Studien“ (siehe ISBN 3-87718- 829-X und 3-87718-835-4) enthält dieser Band mehrere Interpretationen. Der Autor berichtet außerdem über den Künstler-Verein Worpswede in Rilkes Sicht. Vor allem aber setzt er sich mit Deutungen illustrer Denker auseinander, die seiner Auffassung nach den Dichter verkennen. Aus dem Inhalt: Der verkannte Rilke - Der Künstler-Verein Worpswede in Rilkes Sicht - Der Tod des Cornets - Rainer Maria Rilke, „Herbst“. Interpretation - Martin Heideggers Rilke-Deutung - Theodor W. Adornos Kritik an Rilke - Günter Kunert, Fortgesetzt Rilke. Interpretation.
Man pflegt, Rilkes Leben und Werk in eine frühe Phase vor und eine späte Phase nach 1914 zu gliedern. Rilke selbst aber sprach von wachsenden Ringen - die Helmut Naumann in diesem Band sichtbar macht. Aus dem Inhalt: „Lösch mir die Augen aus“ (Stundenbuch II,7) - Jakob Wassermann als Anreger Rilkes - Der Hirt als Figur in der Dichtung Rilkes - Rilkes Auffassung von der Würde der Frau - Die Gestalt der Sappho (68. Fragment der „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“) - Die dritte Duineser Elegie - Die Geschwister - Les Fenêtres - Das letzte Gedicht.
Die Rußlandreisen der Jahre 1899 und 1900 haben im jungen Rilke tiefe Eindrücke hinterlassen, die nicht allein auf seine Begleiterin Lou Andreas-Salomé zurückzuführen sind. Was Rußland für Rilke bedeutet hat, ist jedoch nur in Mosaiksteinen erhalten; denn an verschiedenen Orten und in wechselnder Gestalt ist sein Rußlandbild in sein Werk eingegangen. Der Autor sammelt hier die einzelnen Steine und fügt sie zu einem so überschaubaren wie aufschlußreichen Mosaik zusammen. Aus dem Inhalt: Rilkes Ostererfahrung - Die Znamenskaja - Maria im Stunden-Buch - Der Gedichtzyklus „Die Zaren“ - Es dunkelt Gott - Wladimir, der Wolkenmaler - Die Aufsätze über russische Kunst - Geschichten vom lieben Gott - Karl der Zwölfte von Schweden reitet in der Ukraine - Das Stunden-Buch I - Das Stunden-Buch II - Nächtliche Fahrt, Sankt Petersburg - Die Übersetzungen aus dem Russischen - Rilkes Kritik an Tschechows Möwe - Rilkes Kritik an Tolstoj - Späte Nachkläne.
Aus Naumanns Arbeiten ergibt sich, dass Rilke, als er in den Jahren 1904-1910 die "Aufzeichnungen" schrieb, Dinge zum ersten Mal sah und aussprach, deren Tragweite sich erst heute abschätzen lässt. Die Umgestaltung der Geschichte vom Verlorenen Sohn wird von Naumann gewürdigt. Zu einem neuen Interpretationsansatz führt ihn die Analyse der Sehweise, mit der Rilke, von Rodin und Cézanne angeregt, auf die "Dame mit dem Einhorn" einging. Die Untersuchung weiterer Fragmente zeigt, dass Rilke die "Aufzeichnungen" nicht zufällig aneinander gereiht, sondern mosaikartig zusammengesetzt hat.
Dieser Band enthält Zeugnisse für Rilkes geistigen Werdegang, seine frühe Slawophilie, seine Nähe zur Literatur der Décadence und seine Abkehr von sozialer Thematik. Er belegt, wie Rilke das „Schauen“ als die Voraussetzung zu den „Neuen Geschichten“ und den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ erlernt hat. Aus dem Inhalt: Interpretationen von Ewald Tragy. König Bohusch. Im Gespräch. Der Liebende. Die Letzten - Der Inhalt des Wortes schauen beim frühen Rilke.