Knihobot

Stefan Schmitzer

    1. leden 1979
    Okzident express
    Zweitausendachtzehn
    Text, Performance, Text
    Scheiß sozialer Frieden
    loop garou. invokationen
    liste der künstlichen objekte auf dem mond. gedicht
    • Stefan Schmitzers Langgedicht „liste der künstlichen objekte auf dem mond“ nutzt das Material von 66 Mondmissionen, um eine Chronik von Ereignissen in Politik, Forschung und Medien zu schaffen. Der Text verbindet technische und naturwissenschaftliche Sprache mit rhythmischer Poesie und schafft so eine einzigartige Form lunarer Poesie.

      liste der künstlichen objekte auf dem mond. gedicht
    • Stefan Schmitzers „Invokationen“ erforschen poetische Strategien in einer aufgelösten Zivilisation, die den Weltraum anstrebt. Gedichte und Prosatexte verbinden klassische und futuristische Stile, mischen mythologische Anrufungen mit modernen Themen und entlarven ironisch die Fehlschlüsse der Mythologie. Schmitzers Poetik entzaubert falsche Redeweisen.

      loop garou. invokationen
    • Scheiß sozialer Frieden

      • 89 stránek
      • 4 hodiny čtení

      Stefan Schmitzer hat seit seinem ersten Gedichtband moonlight on clichy einen Namen als politischer Dichter, 'genau, wachsam, unversöhnlich', einer, der sich 'von keinem Jargon etwas diktieren lässt' (NZZ). Dass seine Gedichte einen besonderen Groove haben, wurde aus verschiedenen Warten schon konstatiert. In Schmitzers zweitem Gedichtband ist das musikalische Vokabular, sind die musikalischen Strukturen sogar noch intensiver geworden, von Blues bis Popsong, von Lied bis Soundscape. Was die Texte aber verhandeln, steht in überraschendem Gegensatz zu den üblichen lyrischen Themen und Motiven von Pop und Zeitgeist: Da werden mit beinahe epischem Atem Wünsche und Sehnsüchte reflektiert, die Bausteine eines erfüllten Lebens, die gleichzeitig aber dieser Erfüllung im Weg liegen. Das hat oft einen grimmigen Witz, der sich gleichermaßen in Spott über die lyrischen Konventionen, im Spiel mit den lyrischen Formen von Reim und Rhythmus, und in der Verzweiflung über die Verhältnisse, die nun mal so sind, äußert: 'Die Träume liegen schwer auf dem Cortex.' Gedichte als Klopfzeichen, mit denen sich die verständigen, die in Platons Höhlen leben, in Schächten stecken; und als Gewährsleute – wenn denn überhaupt welche herhalten müssen – werden Bob Dylan und Walter Benjamin aufgerufen.

      Scheiß sozialer Frieden
    • Zweitausendachtzehn

      vier moritaten

      zuerst angedacht als skizzen für das webprojekt tatsachen. at, dann expliziert als „spielvorlagen“ einer serie von text/sound-performances, verfestigte sich die textgestalt dieser vier „moritaten“ irgendwann anfang 2019: ausufernde, nicht besonders subtile gesänge, dem anspruch nach unterhaltsam und im weitesten sinn erzählend, über die schrecken der sprache der macht im österreich des jahres 2018. unter besonderer betonung des so nachlässig unter den teppich gekehrten wie omnipräsenten antisemitismus der politischen sprache, der sprachen vom politischen, der sprache der politisieruneg in einem österreich, in dem die koalition kurz-strache denkmöglich wurde. nicht, dass es antisemiten und zu allem entschlossene obskuranten gibt, ist der skandal, sondern dass dem modus der politischen mobilmachung hierzulande weiterhin das gerücht vom juden eingeschrieben bleibt, zusammen mit dem ichstiftenden korrelat dieses gerüchts – der heimat – und seinem effekt: der prinzipiellen bereitschaft zur aufkündigung zivilisatorischer normen.

      Zweitausendachtzehn
    • Okzident express

      Falsch erinnerte Lieder

      Was passiert, wenn wir uns in Anbetracht der nicht gerade rosigen Zeiten in Politik und Gesellschaft an Gedichte, Lieder und Filme erinnern, die vielleicht einst wichtig für uns waren oder von denen Hoffnung auf eine bessere Welt ausging? Stefan Schmitzer spielt dies ganz nach dem Prinzip »ich hab das falsch im kopf, und zwar« durch, und es schaudert ihn dabei, Momente der Vergangenheit mit der Gegenwart in Verbindung zu setzen: denn im Mittelmeer ertrinken Geflüchtete, während die Welt lieber zur Abkühlung die Füße in eben jenes kalte Nass hält; soziale Außenseiter werden von der schweigenden Mehrheit mundtot gemacht; der Westen schaut bei Krisen und Kriegen tatenlos zu, während Staaten ausbluten. Kritisch, pointiert und polemisch nimmt der okzident express mit seinen Langgedichten Fahrt auf. Eine Tracklist »falsch erinnerter lieder«, die von Nummer zu Nummer immer lauter werden – Stefan Schmitzer feat. Rolf Dieter Brinkmann, Paul Celan, Peter Rühmkorf, Christian Morgenstern, Karl Marx und Friedrich Engels, G. F. W. Hegel, François Villon, Homer, Ovid, Marlene Dietrich, Ton Steine Scherben, DJ Koze, Beyoncé uvm.

      Okzident express
    • Am Anfang stand ein Reisefilm des in Krems an der Donau geborenen, ebendort und in Wien lebenden Objektkünstlers Rainer Prohaska. Das Objekt in diesem Fall: ein Selbstbauboot, ein Trimaran, auf dem Prohaska mit seiner Crew von Melk bis nach Sulina im rumänischen Donaudelta schipperte. Das Thema des experimentellen Dokumentarfilms: die Dekonstruktion eines Kulturraums, der zu sein dem Donauraum aus so unterschiedlichen Beweggründen wie Habsburgnostalgie, pragmatischem Umgang mit EU-Förderkriterien oder sogar paneuropäischem Idealismus vielfach unterstellt worden ist. Tatsächlich präsentiert sich der Strom als träge Naturgewalt, begleitet von Zweckbauten und Investment-Ruinen – eine marode Szenerie, die wohl kaum ein Bild kultureller Identität, sondern weit mehr eines der Bedeutungsarmut, ja der Langeweile vermittelt. In einer frühen, funktionalen Version des vorliegenden Texts gaben Stefan Schmitzers boring river notes jenem Film eine Textebene, derer die thematisch gruppierten Bewegtbilder von der Reise, dem Boot, seiner Besatzung und Fracht bedurften, um ganz sicher nicht als numinoses Ergriffenheitsepos fehlgedeutet zu werden. Für unsere Lyrikreihe hat Schmitzer, der sich als vielseitiger und politisch hellwacher Autor, Kritiker und Performer längst einen Namen gemacht hat, dieses Material in eine literarische Form gebracht, die sich aus dem filmischen Zusammenhang emanzipiert. Mit sprachlicher Virtuosität und gewitzter Ironie schickt er uns auf eine raffiniert langweilige Reise den Strom hinunter und dekonstruiert dabei den Bedeutungsraum des Gedichts nicht weniger wirksam als jenen vermeintlichen Kulturraum.

      Boring river notes
    • Ob »man das ding begriffen« haben wird, schlussendlich, ist fraglich. Der offene Ausgang aus dem Eigenen, volles Risiko aus eigener Entscheidung, das ist vielleicht, was fehlt in einer Welt voll facebook, Google, NSA. Der offene Ausgang, das offene Kunstwerk: vielleicht flucht Stefan Schmitzer schon allein über diesen Begriff (»Kunstwerk«), aber einen Begriff Schmitzer’schen Fluchens will man sich einmal gemacht haben, Mashup populär- über alltags- bis proletenkultureller Phänomene, Dinge, Geschichten, Liedchen; Klassenkampf; dazwischen steht Pasolini rum, gast die Künstlerkacke aus, »der kasperl, eine drecksau«, Schmitzers Sprache ist pickelhart, art brute, aber definitiv »art«, artifizielle, völlige Rohheit, fein geschnitten (wie Carpaccio?); mit unbedingter Dringlichkeit erzählt er in den haltlosen Gedichten, die das Lachen im Hals vertrocknen lassen.

      Denunziationen
    • Stefan Schmitzer schreibt Erzählungen und Gedichte, und moonlight on clichy ist sein erstes Buch. Stefan Schmitzer ist ein Beobachter dessen, was um uns und mit uns vorgeht, und alles das hat in seinen Gedichten auch Platz: der EU-Gipfel in Innsbruck und das 'Die Geschichtenerzähler machen weiter' von Rolf Dieter Brinkmann, die Unruhen in der Pariser Banlieue, Arbeitslosigkeit, Sozialgeld und Songs, die einem vorübergehend aus dem ganzen Elend heraushelfen. Vor allem die Songs: Zitate von Jim Morrison und Bob Dylan, Bob Marley und Frank Zappa, Pink Floyd und Barry McGuire durchziehen die Zeilen. Anderswo 'schreiben sie hauptstadtprosa', aber das ist keine Frage für Stefan Schmitzer; seine Gedichte beziehen ihre Kraft aus der Leichtigkeit von Song-Texten, und das macht sie zu wuchernden Phantasien und weitausholenden Gesängen (bei denen auch Ginsberg und andere Dichter der Beat-Generation Pate standen), die weitgehend ohne die Schnitt- und Montagetechniken gegenwärtiger Lyrik auskommen. 'meine panik / & mein lächeln / & das geht / zusammen', heißt es einmal. Zwischen diesen beiden Befindlichkeiten, zwischen jugendlichem Optimismus und Verzweiflung, zwischen körperlichem Glück und gesellschaftlichem Unglück, halten diese Gedichte eine labile Balance.

      Moonlight on Clichy