Der Philosoph Claus-Artur Scheier rekonstruiert in dieser Aufsatzsammlung den Übergang von der industriellen zur medialen Moderne. Die Sammlung umfasst Arbeiten aus drei Jahrzehnten, darunter viele Erstdrucke, und beleuchtet phänomenologische sowie geschichtsphilosophische Ansätze. Mit Bezug auf bedeutende Denker wie Husserl, Derrida, Simone Weil und Carl Schmitt präsentiert Scheier seine Interpretationen des 20. Jahrhunderts. Anlässlich seines 80. Geburtstags bietet die Einführung von Nicole C. Karafyllis umfassende Werkhintergründe und persönliche Einblicke in Scheiers Leben.
Claus Scheier Knihy






Luhmanns Schatten
Zur Funktion der Philosophie in der medialen Moderne
Claus-Artur Scheier entwirft in diesem Buch eine Philosophie der Moderne, die die klassische Logik durch die Logik der Funktion ersetzt. Er analysiert die Rolle der Medialität und deren Einfluss auf die Philosophie, insbesondere im Kontext von Luhmanns poststrukturalistischer Theorie. Das Werk behandelt zentrale Begriffe wie System, Umwelt und Selbstreferenzialität.
Ästhetik der Simulation
Formen des Produktionsdenkens im 19. Jahrhundert
Mit der industriellen Revolution wird im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert der Begriff der Produktion zum zentralen Problem nicht nur des ökonomischen Denkens. Zusammen mit ihr kommt, unter verschiedenen Namen, die Simulation als eine neue Produktions- und Existenzform in den Blick, die sich der traditionellen Begrifflichkeit der Metaphysik entzieht. An Texten von Schopenhauer, Feuerbach, Kierkegaard, Marx und Nietzsche, von Poe, Baudelaire und Richard Wagner vollzieht Claus-Artur Scheier in seinem Buch die Entstehung des modernen Denkens aus der Konstellation seiner ästhetisch-existenziellen Begrifflichkeit in der Polarität von Produktion und Simulation nach und zeigt, wie die das 20. Jahrhundert bestimmenden Ideologien einer Tendenz des frühen Gedankens der technischen Produktion selbst entspringen. Im Zentrum der konzis und subtil aufgefächerten Analysen steht die Bedeutung Richard Wagners: Es ist das paradoxe Ereignis der Erlösung«, das von Wagner auf nicht länger metaphysische Weise vorgestellt, d. h. technisch reproduziert wird. Das Produkt ist das Ding als Kunstwerk. Dies prekäre Ding, das, zuletzt als »Bühnenweihfestspiel«, wie jedes authentische moderne Kunstwerk die Bestimmung hat, zugleich Ware zu sein und sich als Ware zu negieren, ist »despotisch« auch darin, dass es in dieser Negation seinen Warencharakter gleichsam potenziert wiederherstellt, insofern es wohl vom Welt-Schmerz »erlöst«, aber eben dinghaft, d. h. so vergessenmachend wie die unmittelbare Ware selbst, die sich nur den Umweg über den Schmerz erspart. Insofern ist es richtig zu sagen, dass mit dem Wagnerschen Kunstwerk die Kunstreligion der Moderne, die von Anfang an die Sucht und Suche nach der »Schönheit«, dem »Sublimen« usw. war, absolut wird, und das meint hier: das Wagnerische Kunstwerk ist die sublimierte Utopie.«
In diesem Buch entwirft Claus-Artur Scheier eine Philosophie der Moderne im Kontext der Medialität. Er argumentiert, dass die Moderne die klassische Logik des Schlusses durch die Logik der Funktion ersetzt hat. Diese Entwicklung findet im strukturalen Differenzfeld statt, das Medialität als globales System komplexer Beobachtungen definiert. Dadurch verändert sich die Rolle der Philosophie sowohl im Vergleich zur klassischen Metaphysik als auch zu ihren funktionalen Selbstentwürfen des frühen 20. Jahrhunderts. Besonders evident wird dies im universalistischen Anspruch von Niklas Luhmanns poststrukturalistischer „Supertheorie“, die als erste umfassende Analyse der medialen Moderne gilt. Luhmann betrachtete die Philosophie als nur begrenzt „anschlussfähig“ an seine Theorie autopoietischer Systeme. Das Buch untersucht die Anschlussfähigkeit von Luhmanns operationalistischem Entwurf zur Philosophie und behandelt zentrale Begriffe wie System, Umwelt, Selbstreferenz, Reflexivität und die grundlegenden „differenzlosen Begriffe“ Grund, Welt, Realität und Sinn. Durch die Auseinandersetzung mit Saussures Zeichenbegriff und Sartres intentionalem Bewusstsein entwickelt Scheier eine neue Perspektive auf die Theorie selbstreferenzieller Systeme: einen „medialen Existenzialismus“.