Horst Turk Knihy






Dieser Band versammelt Beiträge nationaler und internationaler Wissenschaftler zum Theme der kulturellen Grenzziehung in der Literatur. Aus dem Inhalt: * Paul M. Lützeler: Multikulturelles, Postkoloniales und Europäisches in der Postmoderne: Zur Internationalität der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur * Dieter Steland: Historismus und Erzählkunst vor Balzac. Der hypothetische Reisebericht in Adam Fergusons Essay on the History of Civil Society (1767) * Roberto Simanowski: System und Witz - Jean Pauls Kosmopolitismus als Effekt des sprachphilosophischen Zweifels * Horst Turk: Translatio imperii oder Revanche de Dieu? Das Problem kultureller Grenzziehungen in Grillparzers Goldenem Vließ * Brigitte Schultze: Mythen, Topoi, Kulturthemen und andere sinntragende Ordnungen in neueren Identitätsdebatten. Am Beispiel der russischen, polnischen und tschechischen Kultur * Karol Sauerland: Preußen, das Ostjudentum und die Literatur * Elisabeth Arend: mare nostrum? - Das Mittelmeer in der Diskussion um kulturelle und literarische Grenzziehungen * Fawzi Boubia: Elias Canetti in Marrakesch. Ein Spaniole auf der Suche nach der verlorenen Heimat * Kurt Mueller-Vollmer: Regionalismus, Internationalismus, Nationalität: Amerikanischer Transzendentalismus und Deutsche Romantik
Philologische Grenzgänge
- 380 stránek
- 14 hodin čtení
Im Kontext der Globalisierung ist immer wieder von kulturellen Selbstbeschreibungen, Selbstinszenierungen und Selbsterzählungen die Rede, ohne dass sich die Philologien bislang dieser Frage grundsätzlich angenommen haben. Mit den Grenzgängen ist jetzt eine Auswertung der einschlägigen Debatten von der Krise des Historismus bis zur writing culture greifbar, die, aufbauend auf einer theoretischen Reflexion, vor allem auch die praktische Anwendung der Kategorien zeigt. Bezogen auf Jean Paul und Richard Wagner, auf die Paradigmenbildung der Klassischen Moderne bei Walter Benjamin, Robert Musil und Bertolt Brecht sowie auf das stille Einvernehmen der Literaturen in der Vorwendezeit, werden Diskurse, Szenarien und Erzählmuster analysiert, die einen Durchblick auf die Kulturgeschichte der Literatur anhand der poetischen Umsetzungen eröffnen. Die Studie wendet sich an Philologen, Kulturwissenschaftler und Historiker. Sie kann, wenn man so will, als literarästhetisches Seitenstück sowohl zur Memoriaforschung wie auch zur Feldanalyse und darin als Hommage an die poetische Virtualisierung im Zeitalter der Neuen Medien und der Globalität genommen werden.
Übersetzungen spielen im Feld der Kulturkontakte zwischen Deutschland und Indien eine wesentliche Rolle: Zum einen prägten religiöse und philosophische Texte seit dem 18. Jahrhundert als Übersetzungen im engeren Sinn das deutsche Indienbild, zum anderen handelt es sich bei den politischen und literarischen Texten des modernen Indien um Übersetzungen im weiteren und doppelten Sinn, da Kulturen unter den Bedingungen des Postkolonialismus übersetzt werden und immer schon übersetzt sind. Die Beiträge dieses Bandes untersuchen ein besonders breit gefächertes Feld der deutsch-indischen Kulturkontakte. Zunächst werden in einem konzeptionellen Teil aus übersetzungswissenschaftlicher, theologischer, historiographischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive die kategorialen Rahmenbedingungen abgesteckt. Der sich anschließende exemplarische Teil stellt unter Verwendung von komparatistischen, übersetzungsanalytischen, sozialanthropologischen und literaturwissenschaftlichen Methoden literarische Fallbeispiele aus dem 19. und 20. Jahrhundert vor. Die verschiedenen Beiträge versuchen auf diese Weise am Beispiel des deutsch-indischen Dialogs einen historischen, systematischen und übersetzungsanalytischen Einblick in das Problemfeld interkultureller Kontakte zu geben.
Der Band behandelt den historischen Wandel des Theater-, Dramen- und Politikverständnisses des 17.-20. Jahrhunderts anhand verschiedener Fallbeispiele, die sowohl traditionsgeschichtlich als auch rezeptionsgeschichtlich untersucht werden. Im Mittelpunkt steht das kaum erforschte Konzept des politischen Theaters: Piscators Theorie dient als Ausgangspunkt, um die Vorgeschichte über Chr. D. Grabbe, Fr. Schiller, J. G. Lindner und das Schuldrama bis hin zu D. C. v. Lohenstein und P. Calderón zurückzuverfolgen. Die anschließenden Untersuchungen konzentrieren sich auf das späte 19. und das 20. Jahrhundert. Während im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert eine Ablösung des politischen Theaters durch das historische Drama erfolgt, kommt es am Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Reaktualisierung des Politischen und Theatralischen. Dieser Prozess wird an verschiedenen Dramen entfaltet. Traditionelle Mittel auf der Ebene der Figuren- und Handlungsschemata verbinden sich mit politischen Strömungen und deren Reaktionen, politischen Inszenierungen sowie Argumenten der oppositionellen Integrität. Auch das Geflecht der strukturellen Gewalt und die Gleichsetzung von Ästhetik und Politik werden thematisiert, ebenso wie die Ausflucht ins Fragmentarische und Anekdotische sowie die Fixierung auf das Literarische in der Rezeption.
Ausgehend von der klassischen Opposition in der deutsch-französischen Literaturkritik, die französische Literatur als konventionell und deutsche Literatur als originalitätsstreben charakterisiert, wird die Wechselwirkung beider Ansätze im Bereich theatralischer und sozialer Konventionen untersucht. Das Ergebnis führt zu einer Präzisierung und Revision eines gängigen Vorurteils. Die Zuschreibung bestimmter Faktoren des literarischen Lebens nach etablierten Nationalcharakteren ist teils historisch erklärbar und behält eine gewisse Berechtigung. Gleichzeitig wird die Wechselzuschreibung im gesamteuropäischen Rahmen fragwürdig, da das Fremde im Eigenen überboten wird. Bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bleibt das Spannungsverhältnis zwischen französischer Konventionalität und deutschem Originalitätsanspruch unverändert. Mit dem Konventionsbruch des symbolistischen Theaters, vorbereitet durch Wagner, bahnt sich jedoch eine Umkehrung an. Dies führt dazu, dass die französische Literatur durch eine radikale Infragestellung der Konventionalität und Originalität erneut für die deutsche Literatur führend wird. Die Beiträge von H. Göbel, R. Heitz, H. Turk, B. Reifenberg und J. Benay behandeln die erste Entwicklungsphase, während P. Langemeyer, O. Lorenz, B. Banoun, M. Silhouette, W. Huntemann, J.-M. Winkler und teilweise J.-M. Valentin sich der zweiten Phase widmen.