1957 erschüttert eine submarine Eruption die Azoren-Insel Faial. Als sich in der Folge ein Vulkan vor der Küste aufbaut und seine Aschefontänen die Insel wie einen Teppich bedecken, verändert sich das Leben dort dramatisch: Die meisten Inselbewohner, verängstigt durch die Naturgewalt, verlassen ihre Heimat in Richtung Amerika, mit dem man schon seit Jahrhunderten durch den Walfang verbunden ist. Zurück bleibt nur ein kleiner Teil der Alteingesessenen. Der Walfang ist aufgegeben, die Küste verlassen, Häuser der Natur übergeben, Ochsenkarren sind nur noch auf verblichenen Fotografien und in den Erinnerungen der Alten zu finden. Die einstige Magie des Ortes kann nur noch in der Phantasie beschworen werden. – Ralph Roger Glöckler hat auf Faial Lavafelder durchstreift und in ihnen Spuren neuen Lebens entdeckt. Er hat mit alten Leuten geredet, die die Insel nie verlassen haben und sich noch gut erinnern können; er ist den Spuren der Ausgewanderten bis nach New Bedfort in Massachusetts gefolgt und hat Naturwissenschaftliches mit Historischem verknüpft.
Ralph Roger Glöckler Knihy






Madre
Erzählung
Ralph Roger Glöcklers Erzählung beruht auf den überlieferten, durch die Kirche zensierten und bisher unveröffentlichten Notizen der Nonne Teresa da Anunciada (1658–1738), die im Kloster „Nossa Senhora da Esperança“ in Ponta Delgada auf der Azoreninsel São Miguel lebte und den Kult um die Büste des „Senhor Santo Cristo“ begründete. Seit drei Jahrhunderten wird dort ein Fest begangen, das viele Emigranten aus aller Welt heimkehren lässt und zum größten religiösen Ereignis auf dem Archipel der Azoren geworden ist. In den Notizen scheint die Besessenheit der Nonne auf, die Figur des „Senhor Santo Cristo“ für sich und andere zum Leben zu erwecken und zu instrumentalisieren – verfasst in der Form eines Bewusstseinsstroms ihrer letzten Lebensstunden, eines Todes-Deliriums, in dem sich Erinnerungsbilder entfalten und Wahrnehmungsebenen verschieben: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verlaufen hier parallel. Teresa da Anunciada wird vor ihrem endgültigen Hinweggleiten in die Zukunft, in die heutige Zeit, versetzt, um den Kult, den sie selbst geschaffen hat, nicht mehr wiederzuerkennen und ihn als Götzendienst zu erfahren … »Madre« ist der dritte Teil von Glöcklers Azoren-Trilogie.
Corvo
Eine Azoren-Utopie
Ralph Roger Glöcklers Reise nach Corvo, ein impressionistisches Gemälde der kleinsten Insel des Archipels der Azoren, schildert die Suche nach dem Mythos des Kommunitarismus, einer geradezu urchristlichen Lebensweise, und dem, was davon übrig blieb. Eine Suche, die im Porträt des Bürgermeisters der Gemeinde von Corvo ihren Höhepunkt findet – versuchte dieser doch nach dem Ende der Utopie im Jahre 1971, den Menschen auf Corvo eine neue, auf den wirtschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten der Insel beruhende Identität zu verschaffen. Ein möglicherweise gescheitertes, aber einem Künstler würdiges Projekt, das – im Sinne Baudelaires – danach trachtet, eine neue Wirklichkeit aus vorgefundenen Elementen zu schaffen. So spricht das Buch von der Geschichte der Insel, von der Landwirtschaft, von der Beziehung der Bevölkerung zur Natur, zur Gesellschaft und zur »Câmara Municipal«, dem allmächtigen Bürgermeisteramt mit seinen unbequemen, herausfordernden Ideen. »Corvo. Eine Azoren-Utopie« ist im Jahre 2001 zuerst in portugiesischer Sprache erschienen und Teil einer Trilogie des Archipels.
„Gesine - Hausfrau, lebte für die Ihren.“ Doch eines Tages überwog die Neugier – „ihr Mann Gregor war nicht zu Hause, wagte sie sich vor, stieß die Tür seines Refugiums auf, schaltete die Schreibtischlampe ein, betrachtete Füller, gespitzte Bleistifte und den durchsichtigen Plastiksack, in dem sich ein Bündel beschriebener Blätter abbildete. Gesine fasste sich ein Herz, zog einen Packen loser Bögen aus dem Plastiksack, viele, eng beschriebene Blätter unterschiedlichen Formats, schob sie auseinander, entdeckte Briefpapier, überschriebene Computerausdrucke, fast leere, mit Büroklammern zusammengeheftete Bögen, auf denen außer winzigen Schraffuren nichts zu erkennen war, als hätte sich die Schrift verflüchtigt, säuberlich halbierte Seiten, Postkarten, Zettel, Zeitungsfetzen, auf denen er etwas notiert hatte. Heute Foto zerschnitten, las Gesine auf einem bräunlichen, nicht nummerierten Papier“ … und die Familienkatastrophe beginnt in diesem Moment.
Kinderdämmerung
Gedichte aus fünfzig Jahren
Wenn du jetzt erwartest, den Sensenmann auf einem Pferd zu treffen, dann lass das Buch liegen. Auf diesen Seiten gibt es keine schaurige, düstere oder grausame Gestalt zu erblicken. Es wird auch kein Grauen an die Tür klopfen, kein Weinen, kein Betteln, kein Klagen zu hören sein. Aufhören. Nur das Aufhören existiert. Tick-tack, Tick-tack ... Das Aufhören ist immer zu hören. Bis zum Zerbrechen. Und sie zerbrechen jeden Tag aufs Neue: Die, die noch kein hohes Alter haben, die keine Erfahrungen besitzen, die sich in einer Entwicklung befinden, nach Frische duften, sich nach Liebe sehnen, Erwartungen und Träume haben. Solche unreifen und labilen Gemüter wirst du hier finden, missbrauchte und selbstbetrogene Leiber, zartrosige Fleischeslüste und sinnliche Entlarvungen. Die Landschaft wird in Ölfarbe getaucht. Das Licht bringt dich in ein Künstleratelier. Die Sonne wird dich vergeblich versuchen zu wärmen. Immer wieder wirst du ihnen begegnen: jungen Männern, jungen Körpern; wie sie zerbrechen. Bist du stark genug, dieses Aufhören zu hören? Tick-tack, Tick-tack ... Tick-Tack ... Ralph Roger Glöckler zelebriert in diesen fünf Novellen die Eroberungsmesse des Todes über das Leben, ohne Weihrauch und biblische Hallelujas, aber mit wortgewaltiger und aussagekräftiger Sprache. Seine Charaktere stolpern über missverstandene Gefühle, ersuchen den Sinn des Lebens in Kunst, in Hetero- und Homosexualität und verfangen sich in der Unfähigkeit zu sein. Der Tod lauert immer und überall. Als Erlöser. Und trotz des unvermeidlichen Schicksals aller Menschen erweist sich dieses Werk, gerade wegen des Todes, als meisterlich inszenierte Hymne auf das Leben, denn nichts ist wertvoller, nichts ist vergänglicher als das Leben selbst.
Tamar
Roman
Auf dem Anwesen einer begüterten Frankfurter Familie treffen sich die zerstrittenen Halbbrüder Axel und Andreas, um ihre alte Rivalität um die Gunst und das Erbe ihres Vaters, eines greisen Immobilienmagnaten, zu beenden. Das Familientreffen entpuppt sich jedoch bald als reiner Vorwand für einen offenbar leicht zu vertuschenden Brudermord, dessen dunkle Vorgeschichte der Erzähler nach und nach aufdeckt: So hat der jüngere Andreas sein Leben bisher in Axels Schatten verbringen müssen, in allen Fragen ist ihm der Erstgeborene stets vorgezogen worden. Axel hat zudem zwei Jahre zuvor seine 16-jährige Halbschwester Tamar vergewaltigt, der Vater den Reue vorgebenden Sohn gar verteidigt. Mit dem Mord an seinem Halbbruder setzt Andreas nun aber keinen Schlusspunkt unter die Gewaltspirale, sondern beschleunigt die Zerstörung der eigenen Familie weiter. – Glöcklers neuer Roman erzählt die uralte Geschichte vom biblischen König David und seinen Kindern am Schauplatz einer Finanzmetropole unserer Zeit.
Mit „Mr. Ives und die Vettern vierten Grades“ legt Ralph Roger Glöckler einen ungewöhnlichen Briefroman vor. Lose angelehnt an die Biografien von Henry Cowell, Charles Ives – zwei herausragenden Avantgarde-Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts in den USA – und ihrer Frauen, variiert er diese vier durch Freundschaft und Erschütterung eng miteinander verwobenen Lebensfäden zu Versuchen, das gerade Durchzustehende in Worte an einen imaginierten Dritten zu fassen. Es sind hoffnungsvolle, zornige, traurige und verliebte Zeilen, die sich aber immer wieder auch um die Unmöglichkeit des Vermittelns innerster Gedanken und Sehnsüchte drehen. Die Hoffnungen und Ängste der exzentrischen Künstler werden ebenso thematisiert wie die tatsächliche Verurteilung des bisexuellen Cowell für seine Beziehung zu einem Minderjährigen und die Schwierigkeiten des Zusammenlebens unter solchen Umständen. In einem faszinierenden Sittengemälde komponiert Glöckler hier eine Ragtime-Variation auf vier starke Charaktere der musikalischen Moderne.