Die Chorschranke in der Marburger Elisabethkirche
ein Beispiel für die konfessionellen Auseinandersetzungen in Hessen und für den Wandel im Geschmack
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ein Beispiel für die konfessionellen Auseinandersetzungen in Hessen und für den Wandel im Geschmack
In der Ausstellung Hessenland zeigt die Universitätsbibliothek Marburg ihre älteste und bedeutendste Sondersammlung, die Hassiaca. Die Literatur über Hessen, seine Geschichte und Bewohner, Landschaften, Kultur und Wirtschaft wurde in der Bibliothek seit dem frühen 19. Jahrhundert mit besonderem Interesse gesammelt und ist heute eine einzigartige und unersetzliche Quelle der hessischen Landeskunde. Deshalb wurde in den vergangenen Jahren auch viel für die Erhaltung dieses Bestandes getan. Gefahr drohte vor allem den seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auf industriell hergestelltem, holz- und säurehaltigen Papier gedruckten Büchern, Zeitschriften und Zeitungen. Mit Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, der Sparkasse Marburg-Biedenkopf und der Hessischen Kulturstiftung konnten die gefährdeten Bestände nun behandelt und vor dem weiteren Zerfall geschützt werden.
Der eigens für die sterblichen Überreste der heiligen Elisabeth geschaffene goldene Schrein entstand in den Jahren 1236 bis 1249. Er ist der wichtigste Schatz der Marburger Elisabethkirche und bis heute ein beeindruckendes Zeugnis mittelalterlicher Goldschmiede- und Bildhauerkunst. Die vorliegende Untersuchung verfolgt die nahezu 800jährige Geschichte dieses bedeutenden Kunstwerks. Stand der Schrein die ersten 300 Jahre im Zentrum der Verehrung der heiligen Elisabeth, so setzte die Reformation eine scharfe Zäsur. Es folgten Zeiten der Gleichgültigkeit, der Missachtung, Verschleppung und Beraubung des Schreins, auch gab er Anlass für politische Skandale. Diese Umstände machten ihn jedoch zu einem der wenigen Schreine des 12. und 13. Jahrhunderts, die noch in ihrer ursprünglichen Fassung erhalten sind, da keine Ergänzungen mehr vorgenommen wurden. Erst 1931 wurde der wertvolle Elisabethschrein zurückhaltend restauriert. In Zuge dieser Erhaltungsmaßnahme wurde unter anderem die auf der so genannten Christusseite vorgefundene Achatschale entfernt. Man empfand sie als > peinlichenOnyx<, der zwischenzeitlich verloren gegangen war. Die Studie weist nach: Hier lag ein Missverständnis vor.
Markant ragt die „Universitätskirche“ in der historischen Silhouette der Marburger Altstadt auf. Zusammen mit der Alten Universität setzt ihr eleganter gotischer Chor zur Lahn hin einen beeindruckenden städtebaulichen Akzent. Ungeachtet dessen steht sie bisher am Rande des touristischen oder gar kunsthistorischen Interesse. Dabei ist die Geschichte reich, wechselvoll und spiegelt auf eine eigene Weise über mehr als sieben Jahrhunderte die historische Entwicklung der Universitätsstadt Marburg. Erbaut wurde die Universitätskirche im späten Mittelalter als „Dominikanerkirche“, war dann das „Kornhaus“, später die „Reformierte Kirche“ und die „Evangelisch-reformierte Stadt- und Universitätskirche“. Dieses Buch zeichnet die gleichsam in das Gebäude und seine Ausstattung eingeschriebenen und zugleich in den historischen Quellen bezeugten Stationen nach.
Die spätgotischen Flügelaltäre in der Elisabethkirche in Marburg waren wie fast alle Kunstwerke in christlichen Kirchen fromme Stiftungen zur Erlangung des Seelenheils. Die vorliegende Untersuchung stellt diese Flügelaltäre in den geistesgeschichtlichen Zusammenhang ihrer Entstehungszeit und erläutert ihre kunstgeschichtliche Bedeutung. Darüber hinaus verfolgt die Autorin die wechselvolle Rezeptionsgeschichte dieser Andachtsbilder von anfänglicher Verehrung über Jahrhunderte währende Nichtbeachtung bis zur heutigen Wertschätzung. Dieser Wandel spiegelt sich auch in der spannenden Restaurierungsgeschichte der Flügelaltäre. In den Schlusskapiteln werden das Schicksal der Kunstwerke der Elisabethkirche während der Zeit des Zweiten Weltkriegs mit den angeordneten Luftschutzmaßnahmen erläutert und die Bemühungen um deren sachgemäße Wiederherstellung nach dem Emde des Krieges beschrieben.
Die Grablegen des hessischen Fürstenhauses sind bedeutende Zeugnisse ihrer Zeit, die hauptsächlich zur Repräsentation der Dynastie dienten. Ob im Landgrafenchor der Elisabethkirche in Marburg oder in den Hauptkirchen der Residenzstädte Kassel, Marburg, St. Goar und Darmstadt, spiegeln sie die jeweiligen politischen und religiösen Strömungen wider. Nach der Reformation und der Teilung Hessens unter Philipps Söhne strebten auch die Nebenlinien in Butzbach, Homberg, Rotenburg und anderen Residenzen nach Selbstdarstellung, was den Hauptlinien in Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt in nichts nachstand. Diese Grabdenkmäler zeigen das jeweilige Bekenntnis, sei es evangelisch oder katholisch, und verdeutlichen den Konflikt zwischen Luthertum und Kalvinismus um 1600. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts suchten die Mitglieder des hessischen Fürstenhauses zunehmend Bestattungsorte in Parkanlagen, während Kirchen an Attraktivität verloren. Die Untersuchung erstreckt sich über sieben Jahrhunderte, beginnend mit den ersten Hochgräbern in der Elisabethkirche um 1240 bis zur Grabanlage des letzten Großherzogs Ernst Ludwig und seiner Familie auf der Rosenhöhe in Darmstadt 1937. Sie bietet interessante Einblicke in die Geschichte der Sepulkralkultur.