Stadtforschung als Gesellschaftsforschung
Eine Einführung in die Kulturanalyse der Stadt
Eine Einführung in die Kulturanalyse der Stadt
Zwischen Rand und Zentrum, zwischen Innen- und Außenraum, eigen und fremd, Leben und Tod verkehrt sich die Ordnung. Es offenbart sich das Eigentliche einer Gesellschaft, ihr Regelwerk. Die Übergänge zwischen diesen Situationen sind das Grundthema unserer Kultur. Sie bezeichnen Phasen und Räume in Biographie, Gesellschaft und Außenraum, die sich im Denken und in der Imagination ebenso zeigen wie im Gegenständlichen: in Figuren von Hexen oder Wiedergängern wie in der gebauten Umwelt. Mit der Metapher vom „Rand des Raumes“ lenkt dieses Buch den Blick auf die Zentrale, kulturkonstituierende Bedeutung des Zwischenraumes zwischen Rand und Zentrum. Aus interdisziplinärer sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive beschreiben die AutorInnen philosophisch-existenzielle, poetische, ethnologische, aber auch architektonische sowie diskursive, medial vermittelte Dimensionen von Liminalität. Ihre Analysen, Beobachtungen und Geschichten, die dargelegten Topoi, Phänomene und „Fälle“ kreisen um die Thematik des Randes, beschreiben die kreativen Umgangsweisen der Akteure in den Peripherien und offenbaren damit die Struktur des Übergangs.
Zu den auffälligsten Erscheinungen unserer gegenwärtigen Alltagskultur gehört ein scheinbar unstillbares Interesse am Vergangenen, das uns in breiter Front entgegentritt. Geschichtserinnerung ist stets auch Definition und damit Gestaltung der Gegenwart, hat also lebenspraktische und politische Bedeutung.
Herakles, Milicianas, Widerstandskämpferinnen, Road Heroes: Heldentum, Widerstand und Martyrium sind feste Bestandteile der Kultur. Ihre gesellschaftspolitische Aktualität und Relevanz macht Heldinnen und Helden zu Repräsentantinnen ihrer jeweiligen Epoche. Als Figuren der Übertreibung und Subversion bilden sie Werte, Ziele und Krisen überdeutlich ab. Ob reale Gestalten oder fiktive Figuren - in ihrer Vorbildfunktion bieten sie eine große Bandbreite an individuellen Identifikationsmöglichkeiten. Dieser Band vereinigt ein interdisziplinäres Spektrum von Kulturanalysen, die Funktionen und Wirkungen von Heldinnen und Helden an aktuellen und historischen Beispielen vorstellen, hinterfragen und in die geschichtlichen Zusammenhänge stellen.
In der Stadt Gehen ist eine zivilisatorische Praxis, die so alt ist wie die Städte selbst. ?Gehen in der Stadt? ist heute bald eine funktionale Notwendigkeit, bald ein Privileg. Dieses Lesebuch richtet sich an Architekten und Kulturanthropologen, den einen zur Inspiration, den anderen für den Gebrauch in der Lehre ? und darüber hinaus allen Fachleuten aus der tätigen und wissenschaftlichen städtischen Praxis. Es bringt erstmalige Übersetzungen aus Werken von französischen Autorinnen und Autoren, die das Gehen und Bewegtwerden, Mitgehen und Gedankengehen zum Gegenstand haben. Sie vermitteln uns, dass das Gehen im Alltag eine mächtige, kulturell und auch politisch gestaltende Rolle spielt, die im übermächtigen Flanierdiskurs unterzugehen droht.
Ansprüche und Herausforderungen der Empirischen Kulturwissenschaft
Politische Anthropologie und Kulturanthropologie des Politischen haben sich in den turbulenten Zeiten der europäischen Nachkriegsdemokratien als empirische Forschungsfelder etabliert. Angesichts aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen im 20. Jahrhundert gewinnen sie erneut an Bedeutung und regen zur Diskussion an. Die Beiträge aus der deutschsprachigen Kulturanthropologie und Europäischen Ethnologie befassen sich als empirische Kulturwissenschaften mit alltagsweltlichen Themen. Sie begreifen das Politische als Teil des Gesellschaftlichen und zeigen, wie es im Alltag durch Interessen, Aushandlungsprozesse, Handlungsethiken, performative Praktiken und subversive Strategien zum Ausdruck kommt. Im Fokus stehen Institutionen, Politiken, staatliche und nicht-staatliche Akteure, Mensch-Umwelt-Beziehungen, Kulturprojekte, Rechtsverständnisse sowie Kunst und Medientechnologien. Ethnografische und diskursanalytische Ansätze decken soziale Machtstrukturen und deren Alltagsbedeutungen auf. Es wird deutlich, dass politische Instrumentalisierungen von Kultur, einschließlich ‚Volkskultur‘, soziale Machstrukturen überlagern und Ästhetisierungsstrategien zur Verschleierung ökonomischer Interessen nutzen. Diese Sammlung von Kulturanalysen betont die Relevanz politisch motivierter ethnografischer Zugänge und die Herausforderungen einer engagierten Wissenschaft im Spannungsfeld wissenschaftlicher Wertfreiheit.
Was haben konkrete Gruppen wie Juden, Roma und Jenische mit Touristen, Hobos oder Migranten gemeinsam? Sie alle sind unterwegs, sie »vagabundieren« - lassen sich also metaphorisch als Vagabunden fassen. Die Beiträge in diesem Band füllen das Figurativ der Vagabondage, verstanden als Faszinosum und zugleich Antipode der Ordnung, aus interdisziplinärer Perspektive mit konkreten Beispielen. Diskurse und Repräsentationen, aber auch das Gewordensein aktueller Vorstellungen stehen im Zentrum des Interesses. Es zeigt sich: Der Vagabund ist eine krisenhafte Figur, die die Umbrüche der Gesellschaft, wie sie an den Rändern der Kultur stattfinden, aufzuzeigen vermag.