Von Menschen und Mikroben
Malaria und Pest in Stalins Sowjetunion, 1929–1941
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Die bolschewistischen Revolutionäre setzten nach ihrem gewaltsamen Umsturz von 1917 die koloniale Expansion der Zaren fort, insbesondere in Richtung der südlichen Peripherie. Übertragbare Krankheiten erschwerten die Etablierung eines neuen Regimes und die Ausbeutung der lokalen Wirtschaft. Eine Malaria- und Pestepidemie in Aserbaidschan führte in den frühen 1930er-Jahren zu einer Reihe hastig umgesetzter hygienepolitischer Maßnahmen. Dazu gehörten die wissenschaftliche Vermessung unerforschter Naturräume, der Aufbau einer zentralisierten Hygienebürokratie und die medizinische Ausbildung einheimischer Experten. Die bolschewistischen Hygienepolitiker und Experten unter Stalin betrachteten ihren Kampf gegen Malaria und Pest als zivilisatorische Mission. Sie sahen die Ursachen für Krankheiten in „kulturlosen“ Lebensweisen, die nicht den „modernen“ und „aufgeklärten“ Maßstäben entsprachen. Die Annahme war, dass Kranke falsch lebten und nicht über das „richtige“ Bewusstsein verfügten. Nur wer „Dunkelheit“, „Schmutz“ und „Armut“ hinter sich ließ, konnte auf „Licht“, „Reinheit“ und „Wohlstand“ hoffen. Wer sich jedoch den bolschewistischen Normen widersetzte, wurde als „Volksfeind“ und „Saboteur“ angesehen.

