Rudi und der Friedenspudding
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Eine einfühlsame Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Jüdin Else Ury, der Autorin der "Nesthäkchen"-Bücher, die 1943 in Auschwitz ermordet wurde.
Mutter und Tochter im Gespräch
Ich war die Jüngste und die Letzte, die das Elternhaus verließ, schreibt die Autorin. In diesen Jahren habe ich (Jahrgang 1943) abends oft mit meiner Mutter (Jahrgang 1903) zusammengesessen. Mein Vater war immer schon gleich nach der Tagesschau in sein Zimmer verschwunden. Er nahm immer sehr starke Schlafmittel, wahrscheinlich um nicht ständig über sein Leben und die Schuld am Tod meiner Schwester nachdenken zu müssen. Meine Mutter hat mir an diesen Abenden bei einem Glas Wein und viel zu vielen Zigaretten intensiv von früher erzählt. Ihr Leben vor ihrer Ehe war ein sehr besonderes und aufregendes. In Duisburg 1903 geboren, war sie die Zweitälteste im Kreis von sechs Kindern. Sie hatte Erfahrungen gemacht, die mich sehr interessierten. Als Kind erlebte sie schon den Weltkrieg, den wir heute den Ersten nennen. Marie und Anne – Mutter und Tochter. Doch auch das Leben der Tochter entfaltet sich in den Gesprächen. Zwei Biografien miteinander und mit den politischen und wirtschaftlichen Ereignissen der jeweiligen Zeit verwoben.
Es geht um den schon legendären Sieg bei der Fußweltmeisterschaft am 4. Juli 1954, der ersten nach dem 2. Weltkrieg. Manche nennen das Ereignis auch „Das Wunder von Bern“. Damals sagte man, es habe keinen Deutschen gegeben, der am diesem Tag nicht jubelte. Doch es gab eine Familie, die an diesem Tag in tiefe Trauer gestürzt wurde. Das 16 jährige Mädchen starb infolge eines Autounfalls. Vier Geschwister erinnern sich an diesen einen Tag, für den es unvergessen ein Vorher und ein Nachher gab. „Im Erzählen wird die Erinnerung wieder und wieder geboren, immer ein wenig anders, als würde sich eine weiche Form geschmeidig ein wenig verschieben, neue Formen der Erinnerung ermöglichen, geringe Abwandlungen, die der Geschichte ein veränderbares Gesicht geben.“
Alles hatte mit großen Erwartungen und harmlos begonnen, doch dann kam es anders. Hannah, Tochter aus bürgerlichliberalem Haus, sucht die Freiheit und den eigenen Lebensentwurf als Studentin in Berlin. Sie politisiert sich in den Wirren der Studentenunruhen und für Hannah beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Als Fabrikarbeiterin, als junge Mutter und als Parteifunktionärin erfährt sie hautnah die Widersprüche zwischen ihren eigenen hohen Ansprüchen an ein sinnvolles und erfülltes Leben und den Ansprüchen ihrer Partei – der totale Einsatz, die selbstverständliche Übereignung des Erbes, der geforderte Umzug ins Ruhrgebiet, die diktierte Abtreibung. Verzweifelt versucht sie ihrer Liebesbeziehung, den Wünschen und Anforderungen ihres Kindes und der Verantwortung als Funktionärin mit immer größerem persönlichem Einsatz gerecht zu werden und merkt doch, dass sie sich und die ihr nahen Menschen dabei immer mehr verliert. Auch ihre Freundin und Genossin Hilde, die als Tochter einer KZ-Wärterin in Ravensbrück geboren wurde, was sie vor Hannah und der Partei verschweigt. Die inneren und äußeren Konflikte spitzen sich für beide Frauen zu …
Im Jahr 2018 jährt sich das berühmte Jahr 1968 zum 50. Mal, das in der Geschichte der Bundesrepublik für das Ende der Nachkriegszeit und für demokratischen Wandel steht. Es markiert auch den Bruch des Schweigens über die Verbrechen der Nazizeit und den Beginn des Terrors von RAF und anderen Gruppierungen. Marianne Brentzel hat Menschen ihrer Generation befragt, welche Bilanz sie heute ziehen und was diese Zeit für ihr Leben bedeutet. Es geht nicht um Prominenz, sondern um Vielfalt. Die Teilnehmenden, darunter Lehrlinge, junge Arbeiter und Studierende, reflektieren ihre Erlebnisse und Einsichten aus dieser prägenden Zeit. Sie berichten von persönlichem Engagement, dem Wunsch nach Veränderung und dem Kampf gegen gesellschaftliche Missstände. Viele betonen die Bedeutung des Jahres 1968 für ihre Entwicklung und die Notwendigkeit, sich aktiv mit politischen und sozialen Themen auseinanderzusetzen. Die Erinnerungen und Perspektiven der Befragten zeigen, dass diese Zeit für sie unwiederbringlich ist und einen bleibenden Einfluss auf ihr Leben hatte. Gemeinsam teilen sie ihre Erfahrungen und die Erkenntnis, dass der individuelle Widerstand zur sozialen Revolte führte und sie sich dadurch selbst verändert haben.
Die Nelly-Sachs-Preisträgerinnen
Sieben große Dichterinnen, Preisträgerinnen des Nelly-Sachs-Preises der Stadt Dortmund, stehen im Fokus dieses Buches. Sie bilden eine Minderheit im Vergleich zu 20 männlichen Preisträgern seit 1961. Die Frage, ob die Qualität der weiblichen Schriftsteller oder deren Wahrnehmung eine Rolle spielt, ist zentral. Im Literaturbetrieb ist bekannt, dass es ebenso hervorragende männliche wie weibliche Dichter gibt. Dieses Buch zielt darauf ab, die weiblichen Preisträger ins Bewusstsein zu rücken und ihnen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen. Stellen wir uns einen Salon zu Ehren von Nelly Sachs vor, in dem die Dichterinnen ihre Erfahrungen austauschen. Margaret Atwood spricht über die Schwierigkeiten, ihren ersten Roman zu veröffentlichen, während Hilde Domin von Exil und Verfolgung erzählt. Johanna Moosdorf, von Nelly Sachs empfohlen, reflektiert über die Nazis und den Protest gegen ihre Preisverleihung. Christa Wolf, oft als „Staatsdichterin“ der DDR bezeichnet, und Nadine Gordimer, die bedeutende Stimme gegen das Apartheidregime, bringen ihre Perspektiven ein. Ilse Aichinger, die erste Frau in der Gruppe 47, berichtet von ihrem Weg in der Literatur. Angeführt von Nelly Sachs, der ersten Preisträgerin und Nobelpreisträgerin von 1966, würde diese illustre Gesellschaft über Exil, Heimkehr, männlichen Größenwahn und den alltäglichen Kampf um Zeit und Kraft für das Schreiben sprechen. Fast ein ganzes Jahrhundert Litera
„Von der Platte ins Gast-Haus“ erzählt von Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden, unplanmäßig und unbarmherzig. Sie fanden Hilfe und Zuspruch in der Dortmunder Obdachloseninitiative 'Gast-Haus statt Bank'. Marianne Brentzel lernte sie als Mitarbeiterin der Arztpraxis im Gast-Haus kennen, befragte sie nach ihrem Leben, hat aufgeschrieben, was die Männer und Frauen denken und fühlen, wie sie ihr schwieriges Leben bewältigen. Iris Wolf ist im Rahmen ihrer Diplomarbeit dem Gast-Haus und seinen Besuchern begegnet. Zusammen haben sie denjenigen Stimme und Gesicht gegeben, die sonst keine Lobby in unserer Gesellschaft haben.
„Der Duce hat mir viel zu verdanken! Ich habe ihn zu dem gemacht, was er wurde.“ Diese Aussage stammt von Margherita Sarfatti, einer 1880 geborenen Tochter einer wohlhabenden jüdischen Familie aus Venedig. Sie wurde als die „ungekrönte Königin Italiens“ bezeichnet und war eine schillernde, gebildete Frau, die zur ersten bedeutenden Kunstkritikerin Italiens avancierte. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und dem aufkommenden Faschismus war sie ein Medienstar. In ihrem Salon in Mailand und später in Rom versammelte sie die kulturelle und politische Elite. Ihr Einfluss reichte weit über Italien hinaus; sie spielte mit Einstein Geige und wurde von Roosevelt zum Dinner eingeladen. Sie war mit Josephine Baker bekannt und half, Sigmund Freud zu retten. Als Ratgeberin und Geliebte war sie für Mussolini lange unentbehrlich. Dennoch musste sie 1938 über die Schweiz und Frankreich nach Uruguay und Argentinien flüchten. Neun Jahre später kehrte sie nach Italien zurück, wo sie als Verfemte und Ausgestoßene bis zu ihrem Tod zurückgezogen lebte. Margherita Sarfatti war eine charismatische Frau voller Widersprüche, die sich niemals mit einem kleinen Leben zufriedengab. Marianne Brentzel und Uta Ruscher haben ihre fesselnde Lebensgeschichte nachgezeichnet und präsentieren unveröffentlichte Dokumente.