Medien existieren nicht unabhängig von Raum und Zeit. Erst ihre Verortung in konkreten Räumen ermöglicht die neuzeitliche Dynamisierung des Sehens und stabilisiert sie für die Funktionssysteme der modernen Gesellschaft. Im 19. Jahrhundert entsteht eine Vielfalt solcher Räume. Panorama und Passage, Theater und Warenhaus sind Architekturen, die Schauplätze für Betrachter konstituieren. Insbesondere der Film als Leitmedium des frühen 20. Jahrhunderts läßt sich nicht ohne das Kino als Ort seiner Entfaltung denken. Nicht die Techniken sondern die Orte des Betrachtens sind daher Gegenstand dieses Buches. Die Architektur visueller Medien wird im vorliegenden Band über das konkrete Bauwerk hinausgehend aber wesentlich grundsätzlicher gedacht. Im Anschluß an Michel Foucault und vor allem Niklas Luhmann schlägt der Autor eine theoretische Architektur vor, die die Grenzen von Wahrnehmung und Kommunikation, Formen und Medien, Beobachtern und Dingen zu ziehen und zu beschreiben erlaubt.
Jörg Brauns Knihy




Die Differenz von Form und Medium entfaltet Niklas Luhmann in seinen späten Schriften als ein wichtiges – wenn nicht sogar als das zentrale, die System/Umwelt-Unterscheidung ablösende – Konzept der Systemtheorie. Angeregt von Fritz Heiders wahrnehmungstheoretischen Aufsatz über 'Ding und Medium' ist es offenbar kein Zufall, dass die Form/Medium-Unterscheidung von der Reflexion über Kunst ausgehend entwickelt und anschließend in der Analyse aller Funktionssysteme prominent wird. Die Möglichkeiten und Perspektiven dieser Konzeption für die Medienwissenschaften und die Systemtheorie werden in diesem Band untersucht und weiterentwickelt. Dabei wird versucht, Ideen für einen allgemeinen Medienbegriff zu entwickeln sowie nach einer begrifflichen und systematischen, aber auch historisch zu lesenden Grundlage zu fragen, auf deren Basis und in Bezug zu der soziologische, technologische und ästhetische Fassungen des Medienbegriffs überhaupt erst möglich, notwendig oder sinnvoll sind. Die Autoren liefern Beiträge zur Theoriegrundlage und zum Analyseinstrumentarium der Medienwissenschaften wie der Kunstwissenschaften, die die oft unfruchtbare Konfrontation technizistischer und hermeneutischer Ansätze unterlaufen und zugleich die theoriegeschichtliche Bedingtheit und – in der Analyse konkreter Phänomene – die Belastbarkeit des Luhmannschen Paradigmas ausloten.