Roland Steffan Knihy






Seit Jahrtausenden pflegt der Mensch eine besondere Beziehung zu „Edelsteinen“, die vor allem durch die Freude am Schönen geprägt ist. Die Einstufung eines Minerals oder organischen Stoffes als Edelstein basiert primär auf seiner schönen Erscheinung, die durch Farbe, Glanz und Durchsichtigkeit bestimmt wird. Diese Schönheit kann durch Bearbeitung, wie Schliff und Politur, sowie durch die ansprechende Einfügung in Schmuckstücke weiter gesteigert werden. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Härte, da ein kostbarer Stein nicht wie eine Blume im Sonnenlicht verwelkt und somit als Symbol der Unvergänglichkeit gilt. Seltenheit erhöht zusätzlich die Kostbarkeit eines Edelsteins, wobei nur der Diamant all diese Eigenschaften vereint. Die Beziehung des Menschen zu diesen edlen Steinen hat sich im Laufe der Kulturgeschichte gewandelt. Neben der Schönheit sind „Glitzersteine“ auch mit Kostbarkeit, Reichtum und Wertbeständigkeit verbunden. Der Besitz vieler dieser natürlichen Schätze hebt eine Person aus der Masse hervor. Eingesetzt in auffällige Kopfputze und Insignien der Macht, wurden sie zu Zeichen geistlicher und weltlicher Überlegenheit. Schon früh wurden mystische Kräfte in die edlen Steine hineingedeutet, unabhängig von Zeit und Kultur.
Lange bevor der Mensch sich selbst zum Gegenstand der darstellenden Kunst erkor, haben Bildhauer und Maler aller Kulturkreise zu allen Zeiten das Thema „Tier“ in den verschiedensten Materialien und Techniken bearbeitet. Seit dreissigtausend und mehr Jahren widerspiegelt sich im künstlerischen Bemühen die vielschichtige, vielgesichtige und oft auch widersprüchliche Beziehung des Menschen zu seinen Mitgeschöpfen, die in den detailreichen, naturnahen oder auf das Wesentliche beschränkten Darstellungen zum Ausdruck kommt. Die Bilder und Figuren der Sonderausstellung „gejagt und verehrt – Das Tier in den Kulturen der Welt“, die den Zeitraum von der Antike bis zum frühen 20. Jahrhundert sowie die Kulturkreise der Erdteile Asien, Afrika, Europa und Amerika umspannen, führen anschaulich vor Augen, wie der Mensch die Tiere als Verkörperungen des Göttlichen, als Bedrohung, Jagdbeute, Nahrungsspender und treuen Gefährten erlebt hat. Die beiden Verben „jagen“ und „verehren“ im Titel der Ausstellung geben die ganze Bandbreite an, innerhalb der sich die Begegnung von Mensch und Tier bisher abgespielt hat. Die grossen und kleinformatigen Bildwerke sind auch ein Gradmesser für die jeweilige Grundhaltung der Menschen gegenüber der Schöpfung im allgemeinen und den Geschöpfen im besonderen.
Mitte 1996 wurde bekannt, dass die Ethnographische Sammlung des Kantons Thurgau künftig als Dauerleihgabe in St. Gallen besichtigt werden kann. Die 1600 Objekte aus verschiedenen Weltkulturen füllen jedoch nicht einfach die Bestände des Museums in St. Gallen auf, sondern sie ergänzen und bereichern Bestehendes sinnvoll um bedeutende aussereuropäische Kunstwerke und Alltagsgegenstände, die in der hauseigenen Sammlung zum grössten Teil noch nicht vorhanden waren. [...] Anlässlich der Olma Messe 1998, an welcher der Kanton Thurgau Gastkanton war, wurden einige dieser „Schätze aus der Ethnographischen Sammlung des Kantons Thurgau“ der interessierten Öffentlichkeit im Rahmen einer Sonderausstellung erstmals vorgestellt.
Die Eigenschaften des Elfenbeins haben seit Jahrtausenden die Menschen Asiens, Afrikas, Europas und der Arktis bezaubert, ebenso wie die Grösse der Tiere, welche Träger des kostbaren Werkstoffs sind, die Menschen beeindruckt hat. Als „königliches“ Material war sein Gebrauch lange alleiniges Vorrecht des Götterkultes, der Herrscher und oberen Klassen, ehe eine gewisse Demokratisierung der Gesellschaft auch einer breiteren Bevölkerung den Zugang zum Luxus des Elfenbeins verschaffte. Wurden früher Elefanten, Flusspferde, Wale und Walrosse ihrer Zähne wegen in geregelten und begrenzten Jagden erlegt, so löste zum Beispiel im 19. Jahrhundert der massenhafte Bedarf an elfenbeinernen Billardkugeln und Klaviertasten ein unkontrolliertes Gemetzel unter den Wildtieren aus, das sie an den Rand der Ausrottung brachte. Eine völkerkundliche Ausstellung, welche die Bedeutung des „Weissen Goldes“ in den Kulturen der Alten Welt anhand künstlerisch gestalteter und zuweilen kurioser Objekte zeigen möchte, muss auch diese tragische Kehrseite des Themas mit einbeziehen.
Mit der Sonderausstellung, die sich mit einem äusserst spannenden Bereich der orientalischen Alltagskultur befasst, soll auf die phantasievolle und ursprüngliche Textilkunst Anatoliens, des Kaukasus und angrenzender Gebiete, wie sie sich in den Web- und Wirkteppichen jener Regionen zeigt, aufmerksam gemacht werden. Die Ausstellung hat sich die Aufgabe gestellt, die als „Kelima“ (türk. Kilim; pers. Gelim) bekannten Flachgewebe aus dem dominierenden Schatten der Knüpf- oder Florteppiche hervorzuholen. Letztere gelangten schon seit dem späten Mittelalter als kostbare und begehrte Symbole für Reichtum, Macht und Weltläufigkeit aus Vorderasien in die Kirchen, Fürstenresidenzen und Patrizierhäuser des Abendlandes. Die Webteppiche hingegen blieben – von wenigen Ausnahmen abgesehen – bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend unbeachtet, obwohl sie wesentliche Bestandteile der unbekannten Nomaden- und Bauernkulturen des Orients sind.
Im Jahre 1932 gelangte das wertvollste und gewichtigste Objekt der ostasiatischen Bestände im Rahmen einer umfangreichen Schenkung in die Sammlung für Völkerkunde. Es ist dies eine etwa lebensgrosse buddhistische Kultfigur aus der Zeit der chinesischen Dynastien Sung (960-1279 n. Chr.) bzw. Chin (1175-1234 n. Chr.) von höchst historischem und künstlerischem Wert. Bis vor wenigen Jahren galt sie fälschlicherweise als Darstellung des Bodhisattvas Maitreya, des Buddhas der Zukunft, und wurde mit japanischen Bildwerken des 9. Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Bearbeitung konnte die Holzskulptur eindeutig als Darstellung des Bodhisattvas Avalokitesvara oder Kuan-yin bestimmt werden. Aus Kostengründen war an eine Restaurierung nicht zu denken. Dank eines „glücklichen Zufalls“ nahmen sich im Frühjahr 1992 der Präsident und die Damen und Herren der Ernst und Annelies Grossenbacher-Güntzel-Stiftung der Not dieses bedeutenden Kulturdenkmals an und stellten die finanziellen Mittel für seine Rettung zur Verfügung.
Viel mehr als seinen Namen, den er auf ein von ihm bemaltes Möbel schrieb, wissen wir nicht von ihm. «Gemacht von Conrad Starck» steht auf dem 1809 datierten Kasten, den sich Franz Anton Broger und seine Frau Josepha Huber zu ihrer Hochzeit malen liessen, wie es bei Appenzeller Bauern Brauch war. Regelmässig sind die Namen der Besitzer auf Möbeln verzeichnet, zusammen mit dem Datum der Fertigung. Die Malersignatur ist jedoch eine seltene Ausnahme. Erst die Alpfahrtsbilder aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind häufig mit den Namen der Maler versehen, als der Brauch, Möbel mit Bildern zu schmücken, aus der Mode kam und Conrad Starck nicht mehr lebte. Oben am Kranz des Kastens zieht sich in Form eines «Sennenstreifens» die Reihe der zur Alp fahrenden Sennen und Tiere hin, und auf den Türfüllungen sind eine Schusterwerkstatt und eine Heuernte zu sehen, entsprechend dem Beruf des Besitzers. Stilistisch verwandte Darstellungen kommen auf Möbeln in Gonten und Urnäsch vor, und so wuchs das Werk, das wir Conrad Starck aufgrund von Vergleichen mit dem einzigen gesicherten Beispiel zuschreiben können, zusehends.