Im lyrischen Werk der polnischen Nobelpreisträgerin Wisława Szymborska bildet die Auseinandersetzung mit der Zeit ein Zentrum der poetischen Reflexion, das in diesem Buch erstmals systematisch erschlossen wird. Das Augenmerk liegt dabei auf jenem virtuosen Prozedieren zwischen den Diskursarten, das der umfassenden Bildung der Dichterin verdankt ist und ihre Sonderstellung in der polnischen Lyrik begründet. Die Analyse konzentriert sich auf mehrere zentrale Fragenkomplexe, die in Szymborskas Œuvre immer wieder aufgegriffen werden: Es geht um das Verhältnis von Zeit und Ewigkeit, Zufall und Notwendigkeit, Zeit und Veränderung, um die verschiedenen möglichen Topologien des zeitlichen Geschehens, um die Frage nach der Entstehung und Beschaffenheit des menschlichen Zeitbewusstseins und um die Problematik der Dreiteilung der Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Dörte Lütvogt Knihy



Raum und Zeit in Olga Tokarczuks Roman Prawiek i inne czasy (Ur- und andere Zeiten)
- 484 stránek
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Diese Arbeit wurde mit dem Preis der Johannes Gutenberg-Universität 2004 ausgezeichnet und hat den Preis des Generalkonsulats der Republik Polen 2004 in Köln gewonnen. In Olga Tokarczuks Roman Prawiek , einem der komplexesten Texte der polnischen Narrativik nach 1989, erscheinen Raum und Zeit nicht nur als Dimensionen einer fiktionalen Welt, sondern als zentraler Gegenstand der literarischen Reflexion. In Anknüpfung an eine Vielzahl von geistesgeschichtlichen Anschlußstellen wird eine Pluralität von Konzeptionen sowohl des Raumes als auch der Zeit anzitiert, ausgestaltet und diskursiv verhandelt. Diese überwiegend im Subtext verborgenen Diskurse werden in der Untersuchung systematisch erschlossen. Im Rückgriff auf hermeneutische und strukturalistische Analysemethoden wird gezeigt, daß das ästhetische Erkenntnisstreben in Prawiek auf eine literarische Re-Integration verschiedener Arten von Episteme, einschließlich natur- und geisteswissenschaftlicher Spezialdiskurse, zielt.
Die Krakauer Lyrikerin Wislawa Szymborska (geb. 1923), die in Polen schon seit langem zu den herausragenden Dichtern zählt, wurde einer breiteren Öffentlichkeit erst durch die Verleihung des Literatur-Nobelpreises 1996 bekannt. Lütvogts Studie, die erste deutsche Monographie über die Nobelpreisträgerin, beleuchtet sowohl die poetischen Verfahren als auch das thematische Spektrum dieser Lyrikerin. Die Gliederung der Arbeit orientiert sich an den grundlegenden Fragen und Themen, die sich wie ein roter Faden durch das Werk der Wislawa Szymborska ziehen. In jedem Kapitel werden einige Gedichte zur genauen strukturalen Analyse und Interpretation herangezogen. Die Einzelanalysen zeigen die komplexe Tiefenstruktur, die sich hinter der einfachen Sprache der Gedichte verbirgt, und vermitteln im Zusammenhang ein Bild des Gesamtwerkes dieser Lyrikerin.