Die Frage nach dem „geistigen Sinn des Wortes“ (Ohly) bezeichnet das vielleicht tiefgreifendste hermeneutische Problem, das sich mit dem mittelalterlichen Denken verbindet. ‚Spirituelle‘ Bedeutungsebenen von Texten konstituierten sich über zunächst philosophische und philologische Verfahren, die rhetorischen Rastern unterzogen und vom Christentum neu gedacht und modifiziert wurden. Von Belang waren dabei insbesondere das Symbol als Zeichen einer (meist) ‚urwüchsigen‘ Transparenz und die Allegorie als Figur semiotischer Vielschichtigkeit. Deren Implikate ziehen sich indes weit über das Mittelalter hinaus in die Vormoderne hinein und werden in der Moderne kritisch hinterfragt. Anhand konkreter Fallstudien beleuchtet der vorliegende Band die je epochale Relevanz und historische Spezifität von Allegorie und Symbol. Die Bandbreite reicht von Autoren wie Alanus ab Insulis über Frauenlob, Petrarca, Conrad Celtis, Ronsard, Tasso, Marino und Angelus Silesius bis hin zu Baudelaire und Vittorini.
Bernhard Huß Knihy






Dieser Band ist im DFG-Forschungsprojekt ‚Epische Modellierung ideologischer Konflikte in der Frühen Neuzeit‘ entstanden. Die in diesem Band eingenommene Perspektive gründet sich auf drei Beobachtungen: Erstens ist für epische Texte die literarische Gestaltung von militärischen, politischen, territorialen und sozialen Konflikten grundlegend. Zweitens bauen Epen solche Konflikte stets in den Dimensionen von Raum und Zeit auf, weswegen für epische Konfliktmodellierung Fragen der literarischen Chronotopik eine fundamentale Rolle spielen. Drittens sind die vom Epos somit erzeugten Raum-Zeit-Komplexe unweigerlich mit ideologischer Wertsetzung behaftet: Die Raum-Zeit-Struktur des epischen Konflikts erzeugt semiosphärische Gebilde, wodurch in der epischen Handlungswelt konträre Ideologien gegeneinander in Stellung gebracht werden. Unter diesen Voraussetzungen anaylsiert der Band das chronotopische und ideologisch-semiosphärische Profil von Vergils ‚Aeneis‘, Lucans ‚Pharsalia‘, Petrarcas ‚Africa‘, Vidas ‚Christias‘, Sannazaros ‚De partu Virginis‘ und Trissinos ‚Italia liberata dai Goti‘.
Manierismus
Interdisziplinäre Studien zu einem ästhetischen Stiltyp zwischen formalem Experiment und historischer Signifikanz
- 429 stránek
- 16 hodin čtení
Jenseits der Kontroversen um den künstlerischen Manierismus konvergieren die meisten Positionen in einem entscheidenden Punkt: Das charakteristische Merkmal manieristischer Diskurse ist die programmatische Missachtung tradierter ästhetischer Normen und Konventionen, oft auch der provokative Verstoß gegen sie. Dies gilt für die bildenden Künste, Architektur, Literatur und Musik. Die subversiven Gesten manifestieren sich dabei nahezu ausschließlich formal und nicht inhaltlich-thematisch. Manierismus wird seit jeher über das demonstrative Ausstellen der Verfahren definiert, die das Werk prägen. Diese Dominanz des Formalen führte zu pejorativen Wertungen, insbesondere die Tendenz zur formalen Selbstreflexivität generierte den akademischen Topos inhaltlicher Bedeutungslosigkeit. Manierismus wird oft als sekundäre oder gar degenerative Kunstform betrachtet. Die Beiträge des vorliegenden Bandes möchten diese eindimensionalen Festlegungen aufbrechen und auf weiterführende historische und funktionsgeschichtliche Zusammenhänge hinweisen. Sie stellen die Frage, inwieweit die manieristische Subversion der Norm auch auf geschichtliche Kontexte jenseits der formalästhetischen Konventionen abzielt. Weit über das Ästhetische hinaus wird der Manierismus in vielen Fällen zur Repräsentationsinstanz sozialer, politischer, psychologischer oder musikalischer Grenzbereiche, die sich den offiziellen Diskursen entziehen.
Lyriktheorie(n) der italienischen Renaissance
- 290 stránek
- 11 hodin čtení
Das italienische Cinquecento gilt als das Jahrhundert, in dem die europäische Literaturtheorie der Neuzeit ‚geboren wurde‘. Die zeitgenössische Diskussion über Gattungen wie Epos, Tragödie und Komödie verdeutlicht den Gegensatz zwischen rhetorisch geprägter Stillagenpoetik und aufkommendem poetologischem Aristotelismus. Besonders herausfordernd ist die Theoretisierung der Gattung ‚Lyrik‘: Die Definition wird durch die volkssprachliche Dichtungspraxis, in der der lyrische Petrarkismus vorherrscht, dringlich. Gleichzeitig bieten die verfügbaren theoretischen Ansätze nur fragmentarische Werkzeuge zur Bewältigung dieser Aufgabe. Der Band behandelt zunächst die grundlegende Problematik, konkrete lyrische Praxis und theoretische Vielfalt in einer schlüssigen Gattungstheorie zu vereinen. Anschließend werden die wichtigsten lyriktheoretischen Schriften von G. G. Trissino, J. C. Scaliger, A. S. Minturno, P. Torelli und T. Tasso detailliert analysiert. Zudem werden die rinascimentalen Diskussionen zu zentralen lyrischen Formen wie Sonett, Canzone, Madrigal und Ballata kritisch untersucht. Es zeigt sich, dass die Suche nach einer kohärenten Lyriktheorie in der Renaissance prekär bleibt: Trotz intensiver Systematisierungsbestrebungen entsteht eine Theorie der Lyrik ‚im Plural‘.
Lorenzo de' Medicis Canzoniere und der Ficinianismus
Philosophica facere quae sunt amatoria
- 472 stránek
- 17 hodin čtení
Die hier vorlegte Studie ist die erste monographische Untersuchung zu Lorenzo de’ Medicis Canzoniere in deutscher Sprache. Erstmals überhaupt bietet sie eine monographische Gesamtinterpretation dieses Werks, dessen mit Bedacht gefügte Sammlungsstruktur in der Forschung zuvor kaum recht erkannt wurde. Die Verortung des Canzoniere im Kontext der dogmatischen Programmatik des Florentiner Renaissanceplatonismus von Marsilio Ficino läßt erkennen, daß Lorenzos Lyrikbuch das spannungsgeladene Verhältnis von Petrarkismus und Platonismus in die lineare Form eines raffinierten, philosophisch grundierten Darstellungsmusters bringt. Erzählte Petrarcas Canzoniere von einer moralphilosophisch problematischen Geschichte, so verschiebt Lorenzos Canzoniere den Schwerpunkt des Dichtens ins Metaphysische und Erkenntnistheoretische.
Xenophons Symposion wurde oft im Schatten von Platons Meisterwerk desselben Titels gesehen und als literarisch minderwertige Imitation betrachtet. In der modernen Forschung gab es bisher nur einen Kommentar aus den späten 30er Jahren. Die vorliegende Arbeit bietet eine umfassende Einleitung und einen detaillierten Kommentar. Neben der Analyse spezifischer Textprobleme, einschließlich der handschriftlichen Überlieferung, zielt das Buch darauf ab, das Symposion durch die Untersuchung von Sprache, struktureller und rhetorischer Komposition, Inhalt und Intertextualität neu zu bewerten. Es wird deutlich, dass das Symposion ein typisches Beispiel des literarischen Genus der Sokratikom lsgoi ist, dessen Bedeutung lange verkannt wurde. Das Werk wird im Kontext der frühen fiktionalen Prosa sokratischer Autoren eingeordnet, wobei eine dichte Struktur intertextueller Referenzen Verbindungen zu Platons, Aischines Socraticus, Antisthenes und anderen herstellt. Die Einleitung behandelt Themen wie Datierung, die Rolle des Autors und das Sokratesbild, während der Kommentar die Kapitel 1 bis 9 analysiert. Anhänge bieten Parallelen zwischen Xenophons und Platons Werken sowie eine Bibliographie und einen Index rerum.