In der vorliegenden Veröffentlichung widmet sich Ansgar Fürst mit seinen Essays einer Epoche, die der Vergangenheit anzugehören scheint, aber nichtsdestoweniger ihre unübersehbaren Spuren in der Gegenwart hinterlassen hat. Treibhaus Bonn – das Bild war Generationen von Journalisten geläufig, um jene künstliche Hauptstadt-Welt zu charakterisieren, die einer rheinischen Kleinstadt aufgepfropft worden war. Die meteorologische Metapher der feuchten Schwüle ließ sich leicht übertragen auf das ungesunde Klima in der provinziellen Enge, in der Politiker und Journalisten, Lobbyisten und Verbandsvertreter symbiotisch aufeinanderhockten. Idealer Nährboden für Intrigen und Indiskretionen („Bonn, die indiskreteste Hauptstadt“, hieß es damals), ein künstliches Biotop, weit weg von den Menschen „draußen im Lande“, weswegen manche dann auch gern zu dem Bild der Raumstation Bonn griffen. Doch als der Begriff Treibhaus zum ersten Mal auftauchte, da kam er im Gewand einer literarischen Sensation daher. 1953 veröffentlichte Wolfgang Koeppen seinen Roman „Das Treibhaus“, eine ätzende Kritik an Politik und Gesellschaft der Adenauer-Zeit.
Ansgar Fürst Knihy


Die Bonner Republik
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Die Bonner Republik umfaßt ziemlich genau den Zeitraum, den der englische Historiker Eric Hobsbawm das »Goldene Zeitalter« nennt, das dem »Katastrophenzeitalter« auf dem Fuße folgte. Für die Deutschen war eine staunenswerte Normalität das Signum dieser Epoche. Dem neuen demokratischen Staatswesen, das da 1949 in einem fast beiläufigen Gründungsakt als Provisorium entstand, fehlte jedes Moment der Größe. Was in der Rückschau wie ein ruhig dahinfließender Strom erscheinen mag, als geradliniger Weg ohne Brüche und spektakuläre Wendungen, das erweist sich bei näherer Betrachtung als die Geschichte von Kämpfen mit offenem Ausgang um die Grundorientierung dieses Staats: Um das Bündnis mit dem Westen und den Ausgleich mit dem Osten, um das Verhältnis zur DDR und zum Ziel der Wiedervereinigung und um die Lehren, die aus dem Epochenbruch der Energiekrise von 1973 zu ziehen waren. Wer die Bilder und die Stationen dieses Wegs Revue passieren läßt, der schließlich in das »deutsche Wunder« von 1990 mündet, der wird immer wieder ins Staunen geraten.