Judas beim Abendmahl
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Das Abendmahl bedeutet für das Christentum mit der Einsetzung des Sakraments den Beginn des Neuen Bundes zwischen Gott und den Menschen und ist Stiftungsereignis wie Gründungsbild der neuen Religion. Zugleich visualisiert sich in Abendmahlsdarstellungen häufig in der Opposition eines betont semitisch erfaßten Judas zu den nicht-semitisch wiedergegebenen anderen Mahlsteilnehmern eine deutliche Abgrenzung vom Judentum, das nach christlicher Lehre in der Verkennung von Christus irrtümlich beim Alten Bund verbleibt. In der vorliegenden Arbeit werden vermeintlich bekannte italienische Abendmahlsdarstellungen des Tre- und Quattrocento analysiert (z. B. von Taddeo Gaddi, Ghirlandaio und Leonardo). Judas, durch unterschiedliche Darstellungsmittel zum einzigen Juden am Abendmahlstisch umgedeutet, wird als Verräter Christi zum Stellvertreter des gesamten jüdischen Volkes. Um aufzuzeigen, wie gerade das Judasbild keiner realistischen geschichtlichen Vorgabe folgt, sondern von absichtsvoller Typisierung überwuchert ist, wird die literarische Schöpfungsgeschichte des Judas in den biblischen wie außerkanonischen Texten in die Untersuchung einbezogen. Bei vielen der Kunstwerke läßt sich im dichotomischen Darstellungsverfahren eine Parallele zur literarischen Vorgehensweise aufzeigen. Zum anderen versucht die Arbeit zu demonstrieren, wie die Künstler anstelle reiner Text-Illustrationen eine eigenständige Dramaturgie entwickelten, die nur mit spezifischen Mitteln des Bild-Mediums erzeugt werden konnte. Dabei kristallisieren sich in der Judasfigur die unterschiedlichsten Positionen, sie wird zur Projektionsfläche für psychologische, theologische und ethische Auffassungen.