Differenzen in der sozialräumlichen Verteilung erstaufgenommener schizophrener und paranoider Patienten
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Die Häufung schizophrener Personen in ländlichen Gebieten ist gemäß den Ergebnissen dieser Studie durch eine höhere Toleranz gegenüber schizophrenen Menschen erklärbar. In einem Stadt-Land- Vergleich sprechen die höhere Negativsymptomatik und soziale Behinderung ländlicher Patienten zusammen mit einer längeren Latenzperiode bis zum Erstkontakt mit einer psychiatrischen Einrichtung für eine höhere Toleranz auf dem Land. Auch passives Krankheitsverhalten, sozialer Rückzug und ein dichteres soziales Netz ländlicher Patieneten unterstützen diese Annahme. Bei städtischen Patieneten führt die höhere unspezifische Symptomatik wie Ängste und höhere Anteile bei spezifischen Symptomen zusammen mit einem aktiveren Krankheitsverhalten im Frühverlauf zu einer früheren stationären Erstaufnahme. Diese Ergebnisse werden durch stadtökologische Analysen ergänzt, in denen die Stabilität höherer Ersterkrankungsraten in Innenstädten über ca. 25 Jahre hinweg durch Zu- und Abwanderungsbewegungen als selektive Prozesse auf ökologischer Ebene nachgewiesen werden können. Schizophrene Patienten sind nicht nur von der Erkrankung und den damit verbundenen Leiden betroffen, sondern erfahren im Frühverlauf ihrer Erkrankung soziale Absteigprozesse und/oder können vorhandene potentielle Aufstiegs- und Lebenschancen nicht adäquat nutzen. Als Folge davon wandern bzw. verbleiben schizophrene Menschen in Wohngebieten mit geringen ökonomischen Verhältnissen und niedrigerem Wohnstandard. Die Häufung schizophrener Menschen an bestimmten geographischen Orten resultiert damit aus der Wirkung sozialer, selektiv wirkender Prozesse.