Und die Wirklichkeit - es gibt sie doch
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Der Autor entwickelt in diesem Buch die provokante These, daß das Gewissen des Menschen, sein Über-Ich vorwiegend destruktive Wirkungen habe. Das Über-Ich gleiche einem neurotischen Symptom, das die Entfaltung des Selbst und die realitätsgerechte Wahrnehmung der Wirklichkeit verhindere. Menschen, die besonders anfällig dafür sind, sich durch Schuldgefühle unter Druck setzen zu lassen, sind leicht manipulierbar und können dazu gebracht werden, auf ihren eigenen Willen und ihre eigenen Überzeugungen zu verzichten. Ergebnis dieses Prozesses ist die „Enteignung des Selbst“. Entwicklungspsychologisch wird das Selbst des Kindes bereits in der frühen Mutter-Beziehung enteignet, wenn die Mutter das Kind unbewußt für ihre eigenen narzißtischen Bedürfnisse mißbraucht. Erst indem der Mensch seine Sinnlichkeit entwickelt, die ihm die Wahrnehmung der inneren und der äußeren Realität ermöglicht, macht er die Entdeckung: „Und die Wirklichkeit, es gibt sie doch.“ Erdely zieht aus seinen Überlegungen auch die notwendigen Schlußfolgerungen für die Therapie: Er kritisiert eine psychoanalytische Haltung, die sich starr auf die Einhaltung von Regeln beruft und plädiert dafür, den psychoanalytischen Dialog als einen kreativen Prozeß zu betrachten, an dem beide Partner, Patient und Therapeut, gleichermaßen beteiligt sind. Zoltçn E. ErdÄly über sein Buch: "Sigmund Freud meinte, ein Analytiker müßte 'etwas gesünder', weniger neurotisch sein als sein Patient. Heißt dieses 'etwas gesünder' nicht, 'etwas mutiger'? Der Analytiker hat es gelernt, seine Konflikte, seine Regungen freimütiger wahrzunehmen, er wagt es sein Eigenstes - als das ich das Selbst betrachte - nicht zu verbergen, nicht zu verleugnen und es nicht durch ein Über-Ich zu ersetzen. Ich bin zur Überzeugung gekommen, daß das Selbst des Menschen artspezifisch und seine ihn - von seiner Zeugung an - bewegende Kraft ist. In meinen therapeutischen Gesprächen versuche ich meinen Analysanden - durchaus nicht selbstlos - auf seinem von ihm gefürchteten Weg zu sich selbst zu begleiten. So kommt er in die Lage, etwas freier zu 'assoziieren' und zu sprechen, wodurch er auch mir ganz elementare und befriedigende Zusammenhänge, Aha-Erlebnisse herzustellen hilft. Wir unterstützen uns wechselseitig, das zu werden, was wir sind, das auszudrücken, was wir sagen möchten, und uns nicht in unserer Übertragung, Fortbewegung von uns selbst zu üben." Über den Autor: Zoltçn E. ErdÄly ist Lehranalytiker der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung und in Frankfurt als Analytiker niedergelassen.