Der Fall Wilhelm Jerusalem
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Karl Wilhelm Jerusalem (1747-1772) ist als Urbild von Goethes Werther in die Geschichte eingegangen. Damit erschöpft sich jedoch keineswegs das Interesse an diesem für die damalige Zeit erschütternden Selbstmordfall. Jerusalems unglückliches Leben und sein Suizid wurden zum Modellfall für viele Strömungen der Aufklärungs- und Empfindsamkeitskultur im protestantischen Deutschland. An diesem - trotz vielerlei Rekonstruktions- und Erklärungsversuchen der Zeitgenossen - unergründlichen Fall lernte die Aufklärung ihre eigenen Grenzen erkennen. Goethes Übernahme einiger Elemente dieses Wetzlarer Skandals für die Leiden des jungen Werthers erweist sich als nicht unproblematisch, wenngleich man Werther nur peripher mit Jerusalem identifizieren darf. Der Band bringt Dokumentationen zu Jerusalems Lebensumständen und Wirkungsgeschichte und versucht, diese in die allgemeine Diskussion des 18. Jahrhunderts über Selbstmord einzugliedern. Zur Reihe: Mit den »Kleinen Schriften zur Aufklärung« legt die Lessing-Akademie im Sinne ihrer Aufgabenstellung einzelne zeitgenössische Texte und kleinere Abhandlungen zur Erforschung von Leben, Werk und Zeit Gotthold Ephraim Lessings und der Aufklärung in allen ihren Erscheinungsformen, ihrer Wirkung und Bedeutung bis in die Gegenwart vor. Die Schriften wenden sich nicht allein an wissenschaftliche Interessenten, sondern auch an einen breiteren Leserkreis und sollen dazu beitragen, die geschichtliche Entwicklung und den normativen Gehalt der Aufklärung als intellektuelle, politisch-moralische, prinzipiell auch soziale Reformbewegung besser zu verstehen und zutreffend zu würdigen. Das erscheint um so notwendiger, als die Aufklärung, die am Anfang der »modernen Welt« steht, bis heute kritisch auf ihre Legitimität und ihre Auswirkungen befragt wird. Die Reihe steht für unterschiedliche Themen und Weisen der Darbietung offen und wird in lockerer Folge fortgesetzt.