Zwischen Adorno und Zappa
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In seinen stofflich weitgespannten Untersuchungen entwirft der Autor ein Panorama der Zusammenhänge, der Verkoppelungen und Verkupplungen von Musik und Zeitgeschehen, von musikalischen Strukturen und Bedeutungen. Teils hintergründig programmatisch, teils heftig polemisierend gegen Klischees und Floskeln in der Rezeption, aber auch in der Sache selbst – hier zumal bei Frank Zappa und der zweifach beleuchteten deutschen Schlagerproduktion, aber auch beim großen Charles Ives – werden über die Einzelwerke hinausweisende Entwicklungen, nicht selten auch entferntere Traditionsbezüge aufgedeckt: –: musikalische Analysen von Stefan Wolpes Stehender Musik über Hanns Eislers Schubert-Bezüge bis zu Mozartesker populärer Musik weiten sich zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte. Daß bei Adorno eingesetzt wird, markiert den historischen Standort; ausbalanciert wird Adornos engagementferner Ansatz freilich durch Eisler –: Zielbewußte Avantgarte, Musik also, die in die gesellschaftliche Praxis zurückkehrt, inspiziert in linker Musik vor 1933 wie Hans Werner Henzes Voices-Partikel Vermutung über Hessen. Ebenfalls in Opposition zu der für Adorno konstitutiven und musikwissenschaftlich weiterhin gängigen antibiographischen Tendenz wird nachdrücklich die Person des Musikproduzierenden als eine wesentliche Vermittlungsinstanz fürs Werk in den Blick gefaßt –: in der Durchlässigkeit für Zeitverhältnisse, Soziales, Politisches, den intertextuellen Beziehungen von Paul Dessaus Guernica und Eislers Exilmusik oder in der Durchlässigkeit der Musik für die Dimension des (Komponisten-)Lebens überhaupt – so bei den umfangreichen Ives- und Zappa-Exegesen bis ins tatsächlich peinliche oder absurde Detail hinein. Versenkt in Details beim seltsamen Spiel der Liebe, loten schließlich analytische Erkundungen der von Kurt Schwitters und Stefan Wolpe kreierten Anna Blume und der vom deutschen Schlager okkupierten “Schönen Fremden” die Dimensionen des Musikprozesses aus –: als Gesamt der Vorgänge zwischen Idee und Wirkung nicht nur des Tonsatzes, sondern auch und gerade des Einsatzes in sozialen Kontexten. Mit ihrem perspektivisch-collagierten Zugriff auf Musiken verschiedenster Couleur und ihrem Insistieren auf dem heutzutage zunehmend als Zumutung empfundenen Sachverhalt, daß die musikalische Sache immer mit Bedeutung aufgeladen ist, weisen die vorliegenden Studien zu semantischen und funktionalen Inszenierungen in Musik des 20. Jahrhunderts, zweifellos querständig zum Mainstream, Wege ins Zentrum eines umfassenden, Soziales wie Künstlerisch-Ästhetisches gleichermaßen bedenkendes Musikverstehen.