Die Macht der Märchen
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Kunstmärchen besaßen in der DDR die Macht, an der Literaturzensur vorbei ein Gegengewicht sowohl zur Macht des repressiven Staates als auch zur Macht der alltäglich-angepaßten Lebensgewohnheit zu bilden, indem sie den gesellschaftlichen Alltag aus Repression und Unterwerfung attackierten. Ebenso kam ihnen emanzipatorische Macht zu, indem sie dem Leser eine Neu-Sicht seiner Lebensumgebung erlaubten. Die Verlagerung von DDR-Realität in eine Märchenumgebung spitzte diese Realität zu, reduzierte sie dabei zugleich aufs Wesentliche und vermochte sie für den Leser aufklärerisch-anregend zu entwirren. Gert Reifarth untersucht Märchen von Monika Helmecke, Klaus Möckel, Dieter Mucke, Gert Prokop, Hans Joachim Schädlich, Bernd Schirmer, Helga Schubert und Martin Stade. Die Texte werden zunächst durch detaillierte hermeneutische Analysen in ihrer formalen und ästhetischen Qualität gewürdigt; danach werden ihre vielfältigen Bezüge zur DDR-Realität entschlüsselt. Reifarth verläßt dabei ausgetretene Pfade der Beschäftigung mit DDR-Literatur und löst sich von textfernen politischen und moralischen Betrachtungen und einem obsoleten Text- und Autorenkanon. Aus den Textanalysen ergeben sich Einblicke in das Literatursystem und das Gesellschaftsgefüge der DDR.