Das Verstehen des Fremden
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Fremde Kulturen, ferne Gottheiten, die Kehrseite unserer Vernunft und unbegangene Wege menschlichen Innenlebens liegen als weiße Flecken auf der Landkarte des Verstehens. Der angemessene Zugang zu ihnen wie auch ihre theoretische Rekonstruktion stellen eine Herausforderung dar. Auf sie antwortet die hier vorgelegte Erkenntnistheorie für Fremdes mit dem Simulieren. Der aus der Entwicklungspsychologie stammende Begriff Simulation bezeichnet die Fähigkeit, sich in einen Anderen und seine Situation hineinzuversetzen. Dadurch bekommen nicht nur die nicht-verbalen Fertigkeiten des Simulierenden Eingang in sein Verstehen des fremden Kontextes, sondern auch szenische Elemente wie Tageslicht und Stressfaktoren, mitlaufendes Körperwissen und wesentlich unbestimmte psychologische Einschätzungen können so erst für die Beschreibung genutzt werden. Das Hineinversetzen ist ein Zugang, der mit der maximalen Abweichung von den eigenen Gewohnheiten rechnet. Ausgangspunkt ist eine neuartige Exegese zu Quines Gedankenexperiment von der Übersetzung einer unbekannten Eingeborenen-Sprache. Am Extremfall möglicher Abweichung werden drei Eigenschaften des Fremdverstehens entdeckt: Es ist simulativ, szenisch und möglicherweise abweichend von allem Bekannten. Auf der Grundlage dieser xenologischen Simulationstheorie werden zeitgenössische interkulturelle Positionen besprochen. Die Simulationstheorie für das Fremde gewinnt neue Kategorien für die kulturwissenschaftliche Beschreibung, die vom bisherigen Privileg der theoretischen Regelrekonstruktion vernachlässigt waren. Das Simulieren ist ein leistungsfähiger Bezugsrahmen sowohl für religionswissenschaftliche Ritualanalysen als auch für ethnologisches Erschließen und für Theologien, die sich in der religiösen Vielfalt verorten müssen.