Formalistischer Autor-Funktionalismus
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Als einer der führenden Köpfe des russischen Formalismus begründet Jurij Tynjanov in den 1920er Jahren eine entschieden antibiographistische Position in der Literaturwissenschaft und schreibt zugleich als Literat biographische Romane über Autoren wie Kjuchel‘beker, Griboedov und seinen lebenslangen Helden Puškin. Dieser scheinbare Widerspruch wird in Veldhues’ Arbeit anhand einer neuen Lektüre des zu wenig beachteten und meist falsch gedeuteten PuškinRomans (1935–43) aufgelöst, die den konsequent allegorischen Subtext dieser Künstlerbiographie offenlegt: Tynjanov macht aus dem Dichter Russlands ein Bild seiner Vorstellung von Literatur in der Moderne, wie sie anders, unverschlüsselter spätestens in den stalinistischen 1930er Jahren nicht mehr sagbar war. Sein Roman ist keine literarische Biographie, sondern Literaturtheorie mit anderen Mitteln. Fundiert wird diese Lesart in einer ausführlichen Darstellung der formalistischen Konzeptionen zum metaliterarischen Autor/BiographieKomplex, hier als ‚AutorFunktionalismus‘ auf den Begriff gebracht und dem traditionell gerade in Russland vorherrschenden ‚AutorPersonalismus‘ gegenüber gestellt, wie er zumal in der exzessiven ‚Puškinistik‘ des 19. und 20. Jahrhunderts in Erscheinung tritt. Beide Positionen werden bezogen auf die dezidiert funktionalistische und darin eben modern/istisch anschließbare Poetik der formalistischen Literaturtheorie überhaupt und sind eingebettet in eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Status des Autors (bzw. seines textuellen Repräsentanten, der Biographie) in der Literaturwissenschaft.