Körper, Sprache, Tradition
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Tausende von Juden und Jüdinnen flohen ab Ende des 19. Jahrhunderts vor den schlechten Lebensbedingungen im Zaristischen Großreich und suchten in Argentinien eine neue Heimat. Namentlich in Buenos Aires entwickelte sich rasch ein blühendes jüdisches Gemeindeleben, doch war der Prozeß einer Akkulturation und Integration oft alles andere als einfach, wie sich an zahlreichen Werken der um 1910 begründeten, sog. jüdisch-argentinischen Literatur ablesen läßt. In den politisch turbulenten 60er und 70er Jahren beginnen junge jüdische Autoren und Autorinnen, das Erbe ihrer Großeltern und Eltern mit ungewohnter Radikalität und mit einem weiten Spektrum von Schreibweisen zu befragen. Die vorliegende Studie zeigt anhand der Romane von Alicia Steimberg (geb. 1933) und Mario Szichman (geb. 1945) sowie an ausgewählten Gedichten und Prosatexten von Alejandra Pizarnik (1936-1972) eine vielschichtige Auseinandersetzung mit jüdischer Identität im argentinischen Kontext auf. Vor dem Hintergrund der psychohistorischen, sozialen und politischen Geschichte des La Plata-Staates wird dabei jenen Aspekten Rechnung getragen, die die Werke Steimbergs, Szichmans und Pizarniks als einzigartige Dokumente innerhalb der jüdisch-argentinischen Literatur erscheinen lassen: der Rückbezug auf die antisemitische Rhetorik des europäischen Fin de Siècle mit den Stereotypen über Sprache und Körper des Ostjuden und die damit verwobene Frage nach der Konstruktion der Geschlechtsidentitäten, das Motiv des „jüdischen Selbsthasses“ und der „Versuchung durch das Christentum“ ebenso wie eine eigenwillige Reflexion auf religiöse Traditionen des Judentums und die Ermordung der europäischen Juden.