"Ich liebe den Menschen und nicht das Geschlecht"

Wie leben bisexuell begehrende Frauen? Welche Chancen und Möglichkeiten bieten bisexuelle Erfahrungen? Wodurch unterscheiden sie sich von lesbischer Sexualität, Queer oder Transgender? Zwar gilt es inzwischen häufig als „chic“, auch sexuelle Abenteuer mit dem gleichen Geschlecht zu haben. Doch letztlich wurden Sexualität und Leben von Frauen, die Frauen und Männer begehren, bislang weitgehend ignoriert oder als bloße Variante homosexueller Praktiken betrachtet. Kerstin Münder hat mit bisexuellen Frauen gesprochen und herausgefunden, welcher Reiz darin liegt, sexuelle Identität als fließend zu erleben, und welche Freiräume das ermöglicht. In der Auseinandersetzung mit ihrer sexuellen Identität machen die Frauen die Erfahrung, mit ihren Bedürfnissen von dem abzuweichen, was als gesellschaftliche Normalität anerkannt ist. Sie lernen, eigene Bedürfnisse trotzdem ernst zu nehmen und sich für diese einzusetzen. Sie machen sich von gesellschaftlichen Konventionen unabhängig(er) und gestalten ihr Leben den eigenen Vorstellungen entsprechend. Die Erfahrung, Frauen und Männer zu begehren und sich auf beide Geschlechter zu beziehen, führt dazu, Vorstellungen über das Geschlechterverhältnis im Rahmen von Beziehungen neu zu sehen, zu hinterfragen und zu verändern. Unterschiedliche Erfahrungen mit der Rollenverteilung von Frauen und Männern in Affären und Beziehungen bringen die Frauen dazu, die Konstruktion von Geschlechterrollen, die Bewertung von Geschlechtszugehörigkeit und Vorstellungen über Sexualität zu hinterfragen."