Verweigerte Moderne?
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Tobias Kies' Untersuchung gilt den badischen Salpeterern im 19. Jahrhundert, die bislang insbesondere von der heimatkundlichen, aber auch der landesgeschichtlichen Forschung als Widerstandskämpfer gegen staatliche wie kirchliche Institutionen gefeiert wurden. Bis in die jüngste Zeit werden sie immer wieder als politische Vorbilder bemüht, wenn es gilt, Protest gegen höhere Stellen egal welcher Couleur anzumelden. Historisch geht der Mythos auf mehrere Erhebungen von Bauern der Grafschaft Hauenstein zwischen 1726 und 1745 zurück. Sie rebellierten mit Bezugnahme auf tradierte Einungsrechte gegen ihre vorderösterreichischen Landesherren, die ihrerseits ihre Landeshoheit auszubauen suchten. Diese Widerstandsbewegung wurde nach einem ihrer ersten Anführer Salpeterer genannt; die Aufstände endeten mit einer vernichtenden Niederlage der Bauern und der Deportierung zahlreicher Familien ins Banat. Als es in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in der nunmehr badisch gewordenen Grafschaft Hauenstein wiederum zu Widerstandshandlungen gegen staatliche und kirchliche Institutionen kam, griffen Amtsträger, Politiker wie auch die Öffentlichkeit auf das Bild vom renitenten Salpeterer zurück, um die neue Situation einzuordnen. Diese Einschätzung wurde auch mehr oder weniger kritiklos von der Forschung übernommen. Das Anliegen dieses Autors ist es, diese Einordnung zu hinterfragen und das Spannungsverhältnis zwischen diskursiver Zuschreibung und sozialer Praxis zu verorten.