Vom wahren und falschen Guten
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Die Kultur der Renaissance entdeckte den vollen Gehalt des Menschen von neuem und schuf den frühesten Ausdruck der modernen europäischen Denk- und Gefühlswelt. Die damit einhergehende Entdeckung der individuellen Persönlichkeit führte naturgemäß bald dazu, dass man auch die höch-sten Werte erforschte, nach denen sich menschliche Lebensgestaltung und menschliches Handeln richten. Auch hier standen bei der Erforschung der Verhältnisse der Menschen zu Gott, Tugend, Unsterblichkeit die Werke antiker Philosophen wegbereitend zur Seite; besonders wirkten Ciceros philosophische Schriften, auch Seneca und – mit nicht geringer Ausstrahlung – die Lustlehre Epikurs. Ihnen stand – zum Teil in schroffer Gegnerschaft – die christliche Lehre gegenüber, die durch die kirchliche Tradition Italiens nach wie vor in den Seelen verankert blieb. Es war nun eine wichtige und notwendige Aufgabe, die beiden Weltanschauungen zu analysieren, miteinander zu vergleichen und – vielleicht teilweise – zu versöhnen. Dieser Aufgabe stellte sich L. Valla (1406-1457), der seit 1448 Sekretär am päpstlichen Hof war und am meisten bekannt ist durch seine von U. v. Hutten herausgegebene Schrift über die Unechtheit der sog. Constantinischen Schenkung, durch die er ein Wegbereiter der modernen historischen Kritik wurde. In seinem glänzend geschriebenen Werk „Vom wahren und falschen Guten“ geht Valla letztlich vom Epikureismus der Renaissance aus, lässt aber zuerst einen Stoiker die strenge Pflichten- und Tugendlehre der Antike entwickeln und vertreten. Dabei bedient sich der Stoiker vorwiegend der logisch-dialektischen Methode. Dem Stoiker stellt sich der Verfechter der Lust entgegen, der mit großer Redekunst die materialistische Lehre des Primats von sinnlicher Lust und Vorteilnahme verficht und dabei auch mehrere antike Beispiele als verfehlte Interpretationen egoistischen Handelns entlarvt. Das dritte Buch ist anfangs der Widerlegung der vorangegangenen Standpunkte gewidmet, wobei besonders dem abstrakt Guten der Stoa das wahre Gute im irdischen Leben und die Lust daran entgegengestellt und dabei eine gewisse Nähe zur epikureischen Lustlehre eingenommen wird. Dann jedoch wird die irdische Lust überhöht und zur überirdischen, ja himmlischen Lust des Christen gesteigert. Der Aufstieg der erlösten Seele zur ewigen, lustvollen Seligkeit in Gott wird mit wahrhaft poetischer Kraft geschildert. So ist Vallas Buch zu einem herausragenden Denkmal der Renaissance-Philosophie geworden.